Von der Freude, da sein zu dürfen!
Vor einem Monat haben Elias Studer und Orhan vor Bundesgericht einen historischen Erfolg erzielt. Dieser Erfolg wiederum hat Schuan Tahir dazu ermutigt, seine Geschichte zu erzählen: Er wurde nicht eingebürgert, weil er ein Autonummernschild zu lange nicht zurückgeschickt hatte. Das ist leider kein Witz. Solche Bagatellen reichen heute aus, um die Einbürgerung zu verweigern. Wir setzen uns dafür ein, dass sich das nun hoffentlich bald ändert.
Ein trauriger Höhepunkt der letzten Wochen war auch der SRF-Rundschau-Beitrag zur Nicht-Einbürgerung eines holländischen Paars, das seit 20 Jahren in der Schweiz lebt. Die Gemeinde kam zum Schluss, die beiden hätten zwar einen tadellosen Leumund, ausreichende Deutschkenntnisse sowie geordnete persönliche und finanzielle Verhältnisse. Aber es habe beim Wissen über Politik und Gemeinde gehapert und sie seien «nicht genügend integriert». Der SVP-Gemeindepräsident liess verlauten, man sehe sie nirgends im Dorf und – Achtung! – man spüre schlicht nicht, dass das Paar Freude habe, da sein zu dürfen.
Ob «die Freude, da sein zu dürfen» ein Einbürgerungskriterium ist? Natürlich nicht. Das geht in einem Rechtsstaat niemanden etwas an, und «spüren» ist auch nicht gerade das, was Einbürgerungskommissionen hauptsächlich tun sollten. Aber in der Schweiz lässt sich unter dem Integrationsbegriff so gut wie alles fassen, um eine Einbürgerung abzulehnen. Der Fall von Ronny und Saskia steht exemplarisch für die Herr-im-Haus-Mentalität, die der Schweizer Einbürgerungspolitik zugrunde liegt. Wie die Kaiser im alten Rom: Daumen hoch oder Daumen runter, nach freiem Belieben, oder eben: die absolute Willkür.
Der Rundschau-Beitrag nimmt den Entscheid der Gemeinde aufs Korn, indem er aufzeigt, dass viele Einwohner:innen die Wissensfragen für die Einbürgerung selbst nicht beantworten können. Der höchste Berg? Der Unterschied zwischen National- und Ständerat? Alle durchgefallen. Der Gemeindepräsident verteidigt die Fragen, die Einbürgerung sei wie die Autoprüfung: Man bereite sich darauf vor, dann schaffe man das. Nur: Die Autoprüfung müssen alle bestehen, die ein Auto fahren wollen. Für den Schweizer Pass müssen die meisten gar keine Prüfung absolvieren, während andere dieses schikanöse Verfahren auf sich nehmen müssen.
Nicht nur bei den Wissensfragen müssen Einbürgerungswillige mehr beweisen als die Durchschnittsschweizerin. Eine neue Studie zeigt mittels einer Umfrage auf, dass die Erfüllung gewisser sozialer Normen, die typischerweise im Rahmen der «Integration» verlangt werden, von «Ausländern» stärker erwartet wird als von der Gesellschaft als ganzes. Die Migrationsforschung spricht dabei von der sogenannten «Integrationsdispensation»: Integration wird nur von einem ganz bestimmten Teil der Bevölkerung eingefordert und überprüft, von allen anderen nicht.
Es gibt noch viel zu tun auf dem Weg zur vollwertigen Demokratie, lass uns gemeinsam daran weiterbauen. Hilfst du uns, Geschichten wie jene von Orhan, Schuan, Saskia und Ronny bekannter zu machen?
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Historischer Entscheid des Bundesgerichts: Gesamtwürdigung bei Einbürgerung entscheidend
Medienmitteilung vom 21. Mai 2025 der Aktion Vierviertel
Heute hat das Bundesgericht nach einer öffentlichen Urteilsberatung einen historischen Entscheid gefällt. Die Integrationskriterien für die Einbürgerung müssen in einer Gesamtwürdigung betrachtet werden. Die Einbürgerung darf nicht aufgrund eines einzelnen Bagatelldelikts – im vorliegenden Fall ein Selbstunfall im Strassenverkehr – verweigert werden. Der heutige Entscheid ist ein wichtiger Schritt hin zu einem modernen Bürgerrecht, wie es die Demokratie-Initiative fordert.
Ein Selbstunfall im Strassenverkehr (Sekundenschlaf) nach einem Wanderausflug bedeutet für einen Goldauer Wirt, dass er für fünf Jahre von der Einbürgerung ausgeschlossen werden sollte. Nach dem Schwyzer Verwaltungsgericht kommt nun auch das Bundesgericht letztinstanzlich zum Schluss: Die Integrationskriterien müssen stets in einer Gesamtwürdigung betrachtet werden. Demnach darf die Integration nicht allein aufgrund eines einmaligen Fehltritts im konkreten Einzelfall als unzureichend beurteilt werden, wenn alle übrigen Integrationsanforderungen derart positiv beurteilt werden wie im vorliegenden Fall.
Entscheid von grundlegender Bedeutung
Der heutige Entscheid des Bundesgerichts verlangt eine grundlegende Praxisänderung der Einbürgerungsbehörden. Auch bei kleineren Fehltritten muss stets eine Gesamtwürdigung der Integrationskriterien vorgenommen werden. «Killerkriterien sind damit nicht mehr zulässig», stellt Elias Studer erfreut fest, der den Fall als Rechtsvertreter strategisch begleitet hat. Schweizweit müssen die Behörden nun ihre Praxis grundsätzlich ändern. Integrationskriterien müssen neu stets gesamthaft beurteilt werden, niemand darf somit pauschal beispielsweise aufgrund von kleineren Verkehrsdelikten von der Einbürgerung ausgeschlossen werden.
Als Mitinitiant der Demokratie-Initiative freut sich Studer über den heutigen Entscheid. Es ist ein wichtiger Schritt hin zu einem modernen Bürgerrecht, wie es die Initiative fordert. Für den Goldauer Wirt ist das Urteil eine späte Genugtuung: Aufgrund der Länge des Verfahrens ist die nun offiziell rechtswidrige Sperrfrist von fünf Jahren ohnehin abgelaufen
– seiner Einbürgerung sollte also endlich nichts mehr im Weg stehen.
Kontaktpersonen für Medienanfragen:
Arbër Bullakaj (DE), Nadra Mao (FR), Agnese Zucca (IT)
Co-Präsidium Aktion Vierviertel
kontakt@demokratie-volksinitiative.ch
Thurgauer Stolz oder: Willkür im Namen des Föderalismus
Letzte Woche hat der Bundesrat entschieden, die Demokratie-Initiative ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Begründet hat der diesen Entscheid mit dem guten alten Föderalismus-Argument: Die Initiative greife erheblich in die bestehenden kantonalen Kompetenzen und die föderalistische Ausgestaltung des ordentlichen Einbürgerungsverfahrens ein. Doch was bedeutet dieser föderalistische Flickenteppich in der Praxis?
Ausgerechnet an dem Tag, an dem der Bundesrat seinen Entscheid kommunizierte, lehnte der Thurgauer Grosse Rat die Einbürgerung von Talal Aldroubi ab. Der Syrer lebt seit 19 Jahren in der Schweiz, seit sieben kämpft er um den roten Pass. Die Gemeinde Romanshorn hatte Aldroubi aufgrund seiner damaligen finanziellen Verhältnisse nicht eingebürgert. Er zog daraufhin bis vor das Bundesgericht.
Das Bundesgericht äusserte zunächst Zweifel, ob der Kanton das Kriterium der «geordneten finanziellen Verhältnisse» überhaupt vorsehen und damit das Bundesrecht beliebig verschärfen darf. Aber eben: der Föderalismus und die kantonalen Kompetenzen. Das Gericht liess die Frage somit offen. Es kam unabhängig davon zum Schluss, dass eine geringfügige Schuld von nur rund 11’500 Franken ohnehin nicht bedeuten könne, dass Aldroubi in «ungeordneten finanziellen Verhältnissen» lebe. Zumal er gut integriert sei, Deutsch spreche, keine Betreibungen habe und keine Gefahr für die Sicherheit darstelle, so das Gericht. Es hielt unmissverständlich fest: die Argumentation der Gemeinde sei willkürlich und haltlos.
Das Bundesgericht wies die Gemeinde an, Aldroubi einzubürgern, was diese dann tat. Im dreistufigen Verfahren brauchte es nun nur noch die Zustimmung des Kantons. Doch wer nun glaubte, das sei eine reine Formalität, machte die Rechnung ohne den Föderalismus. Die Justizkommission des Kantonsparlaments stellte die kantonalen Gesetze über den Bundesgerichtsentscheid. In den Worten eines Parlamentariers: «Es ist egal, was das Bundesgericht entschieden hat.» Das Parlament folgte der Justizkommission und lehnte die Einbürgerung des Syrers mit 72 zu 42 Stimmen deutlich ab.
Der Bundesgerichtsentscheid? Die Rechtsstaatlichkeit? Die Kosten, die aller Voraussicht nach beim Kanton anfallen werden, weil Aldroubi abermals vor Bundesgericht geht und wohl abermals Recht bekommen wird? Pustekuchen. Das deutliche Nein sei das Resultat des Thurgauer Stolzes, so ein Ratsmitglied.
Der Fall Aldroubi ist unfassbar, aber nicht überraschend. Es ist ein Einzelfall, der keiner ist. Diese Willkür hat im Schweizer Einbürgerungsverfahren System. Und man muss sich fragen: Will der Bundesrat wirklich diese Willkür aufrechterhalten, im Namen des Föderalismus?
Der Kanton Thurgau und die Ablehnung des Bundesrats zeigen: Es braucht die Demokratie-Initiative, mehr denn je. Nun liegt der Ball beim eidgenössischen Parlament, um die Willkür im Schweizer Einbürgerungsprozess zu überwinden. Und falls sich dieses, wie der Bundesrat, hinter dem Föderalismus versteckt und aus der Verantwortung stiehlt, dann müssen wir der Demokratie-Initiative an der Urne zum Erfolg verhelfen. Hilfst du uns, die Willkür im Einbürgerungssystem zu bändigen?
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Die Ablehnung des Bundesrats zeigt: Es braucht die Demokratie-Initiative
Heute hat der Bundesrat seinen Richtungsentscheid zur Volksinitiative «Für ein modernes Bürgerrecht (Demokratie-Initiative)» gefällt: Er lehnt sie ohne Gegenvorschlag ab und sieht keinen Handlungsbedarf im Schweizer Einbürgerungsrecht. Damit bestätigt der Bundesrat, dass die Veränderung hin zu einem modernen Bürgerrecht und zur Vierviertel-Demokratie aus der Zivilgesellschaft kommen muss. Nun liegt es am Parlament, dem bestehenden Demokratiedefizit mit einem zeitgemässen Einbürgerungsrecht zu begegnen.
Der Bundesrat hat in seinem heutigen Richtungsentscheid die Ablehnung der Demokratie-Initiative ohne direkten oder indirekten Gegenvorschlag beschlossen. Er sieht keinerlei Handlungsbedarf im Schweizer Einbürgerungsrecht. Weiter wie bisher mit den Schweizermachern, so das Credo. Die Demokratie-Initiative hat mit über 100’000 Unterschriften auf das herrschende Demokratiedefizit aufmerksam gemacht:
Inzwischen ist mehr als ein Viertel (27 Prozent) der Schweizer Bevölkerung von gleichen politischen Rechten und damit von der Demokratie ausgeschlossen. Dies schadet dem Zusammenhalt der Schweiz und den demokratischen Institutionen. Dabei gäbe es viele Hebel und Stellschrauben, um das Einbürgerungsverfahren fairer und weniger willkürlich zu gestalten, etwa bei den nicht mehr zeitgemässen
Wohnsitzfristen auf Kantons- und Gemeindeebene, der Anforderung der Niederlassungsbewilligung (C), der Mindestaufenthaltsdauer von zehn Jahren, den zahlreichen Integrationskriterien oder mit Erleichterungen für die zweite Generation sowie der Entbürokratisierung des Einbürgerungsverfahrens. Auch auf Verordnungsstufe gäbe es Spielraum für schnellere, kostengünstigere und fairere Verfahren, beispielsweise bei der Protokollierung von Einbürgerungsgesprächen und durch die Digitalisierung. Der Zugang zum Schweizer Bürgerrecht und damit zur vollen politischen Teilhabe muss einfacher, fairer und schneller werden, damit die Schweiz ihrem Ruf als Vorzeigedemokratie gerecht werden kann.
Die Ablehnung des Bundesrats zeigt, dass es die Demokratie-Initiative braucht. Und dass die Bewegung für ein modernes Bürgerrecht nach wie vor aus der Zivilgesellschaft kommen muss. Nun liegt es am Parlament, Schritte zur Erleichterung der Einbürgerungen in Angriff zu nehmen. Das Schweizer Bürgerrecht braucht einen Paradigmenwechsel: Wer dauerhaft hier lebt, soll einen Anspruch auf
Einbürgerung und vollwertige Teilhabe an der Gesellschaft haben.
Kontaktpersonen für Medienanfragen:
Arbër Bullakaj (DE), Nadra Mao (FR), Agnese Zucca (IT)
Co-Präsidium Aktion Vierviertel
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Muri-Gümligen statt England – wie das Leben so spielt
In diesem Jahr ist Hilmi Gashi von den Grünen Präsident des Grossen Gemeinderates von Muri bei Bern. Der Gewerkschafter hat ein bewegtes Leben und geniesst auch bei politischen Gegnern einen guten Ruf.
Er sagt: „Ich möchte helfen, Menschen sichtbar machen, die man sonst nicht so gut sieht.“
Dass Hilmi Gashi im Jahr 2025 der „höchste Muri-Gümliger“ ist, hat auch mit Zufall zu tun. Aufgewachsen ist Gashi als ältestes von sieben Geschwistern in Atmagjë, einem Dorf in der Nähe von Prizren im Kosovo. Nach seiner Matura studierte Gashi in Pristina Wirtschaft, wegen der Unruhen in seinem Land musste er das Studium nach drei Jahren aber abbrechen. Und eigentlich wollte der gebürtige Kosovare damals in den Semesterferien nach England gehen, um einen Saisonjob zu suchen, landete dann aber dank Bekannten in Bern.
„Über die Schweiz wusste ich wenig, mit 14 habe ich Wilhelm Tell auf Albanisch gelesen und als Fussball-Begeisterter kannte ich Xamax Neuenburg, das damals im Europacup für Furore sorgte“, sagt Gashi und lacht. „Die Erzählungen der Saisonniers, denen ich als Jugendlicher in Kosova begegnete, waren auf jeden Fall nicht nur schmeichelhaft für die Schweiz.“
Nach seiner Ankunft hatten sich die negativen Erzählungen zum Teil bewahrheitet. „Ich kam später ohne Netzwerk ins Land und arbeitete zuerst als Maler auf dem Bau und wohnte in einem Haus in Kirchenfeld mit drei weiteren Bauarbeitern in einem Zimmer. Das war schon fast luxuriös. Andere Saisoniers wohnten in schlecht isolierten Baracken am Strassenrand. Öffentliche Plätze in Bern waren wichtig für die Saisoniers. Wir trafen uns am Bahnhof, in der Christoffel-Beiz in der Bahnhof-Unterführung oder beim Schach auf dem Bärenplatz“, erzählt Gashi. Nur langsam fand er seinen Platz in der Gesellschaft.
„Ich hatte Glück und konnte mein Studium an der Uni Freiburg wieder aufnehmen. In meiner WG lebten spannende Menschen aus allen Ecken der Schweiz und ich fand mich immer besser zurecht.“ Die Schweiz lernte er zuerst allein und später mit seiner Frau Violeta und den Söhnen Lenart und Endrit beim Wandern, Velofahren und bei zahlreichen Ausflügen und Ferien mit dem Zug oder Postauto durchs ganze Land kennen.
Mit der Familie nach Muri Später zog Hilmi Gashi mit seiner Familie nach Muri. Viele positive Erinnerungen hängen mit dem Fussball zusammen. Der Fussballplatz ist ein guter Begegnungsort, sagt Gashi. „Die Clubs leisten in der Schweiz eine sehr grosse Arbeit bei der Integration.“
Engagiert im Elternrat trainierte Gashi denn auch selbst bald Klassen beim Schülercup, später traten Lenart und Endrit beim FC Muri-Gümligen ein. „Als eine Mannschaft aufgelöst werden sollte, weil sie keine Trainer mehr hatte, meldete ich mich.“ Hilmi Gashi absolvierte den Trainer-Grundkurs und bildete sich mit Tutorials im Internet weiter. Auch in der Freizeit gilt für Gashi: Unvorbereitet gibt’s nicht.
In seiner Jugend war er selbst polysportiv unterwegs, spielte Fussball, Basketball, Tischtennis und Kampfsport. „Ich brauchte immer viel Bewegung. Noch heute kommen mir die besten Ideen eher bei einem Spaziergang im Wald als am Schreibtisch.“ Und wenn Gashi Zeit findet, hört er gerne eher innovativen Alternativrock, er spielt auch selbst Gitarre.
Keine Abstimmung verpasst „Ich war immer ein politischer Mensch“, erzählt Gashi. „Nach meiner Einbürgerung im Jahr 2008 habe ich mich dann vermehrt persönlich engagiert. In Bern suchte ich politischen Anschluss und fand diesen im Grünen Bündnis. Einerseits durch Bekanntschaften und andererseits hatte ich damals die grössten politischen Schnittmengen mit dem GB.“
Durch sein Engagement in der Integrationspolitik und seinen Job bei der Gewerkschaft Unia würde Gashi heute wohl auch gut zur SP passen. Seit seiner Einbürgerung hat Hilmi Gashi noch keine Abstimmung verpasst, darauf ist er stolz. Die politische Teilhabe empfindet Gashi als Privileg, und er möchte sie darum auch Ausländerinnen und Ausländern, die hier wohnhaft sind, ermöglichen.
„Viele setzen sich beruflich oder auch gesellschaftlich ein, erledigen ihre Pflichten, bezahlen Steuern, um dann zu merken, dass sie nicht abstimmen dürfen. Gegen diese und andere strukturelle Barrieren setze ich mich ein. Ich möchte helfen, Menschen sichtbar machen, die man sonst nicht so gut sieht.“
Ausserhalb der Gemeinde und des Muriger Parlaments engagiert sich Hilmi Gashi bei der Vierviertel-Initiative im Verein und im Initiativ-Komitee. „Es geht darum, die 25% der Menschen ohne Schweizer Pass in den politischen Diskurs einzubauen. Das stärkt unsere direkte Demokratie und macht sie inklusiver.“
Die Migranten seien keine homogene Gruppe, sie hätten verschiedene Meinungen, auch politisch, genau wie die Gesellschaft, die bereits hier lebe, sagt er. „Ich kenne Kosovaren, die politisieren in der SVP, andere bezeichnen sich als liberal oder orientieren sich links. Ich persönlich finde politisches Engagement wichtig, aber ich habe auch Verständnis für jene, die es nicht tun.“
„Höchster Muri-Gümliger“ Bei der ersten Parlamentssitzung des Jahres wurde er einstimmig als Präsident des Grossen Gemeinderates gewählt – seine Frau und die beiden Söhne waren in der Aula des Schulhauses Moos zugegen – und ist jetzt ein Jahr lang der „höchste Muri-Gümliger“. Bei seiner kurzen Eröffnungsrede sagte Gashi, dass er vor drei Jahrzehnten bei seiner Ankunft in der Schweiz nie damit gerechnet hätte, einst Parlamentspräsident einer Gemeinde wie Muri bei Bern zu werden.
Gashi geniesst in der Lokalpolitik weit über Parteigrenzen hinweg einen guten Ruf als umsichtiger und stets dossiersicherer Politiker. Geschätzt werden neben seiner ruhigen Art auch die Fähigkeit, zuzuhören und andere Meinungen zu akzeptieren. Gute Voraussetzungen für die anspruchsvolle Aufgabe, die GGR-Sitzungen zu leiten.
„Ich möchte zusammen mit dem Ratsbüro eine positive Diskussionsbasis ermöglichen und die Debatten mit Bedacht leiten. Das bedeutet für mich, gut planen und vorbereiten, damit das Parlament den Fokus auf die Inhalte und nicht auf Formalitäten legen kann. Selbstverständlich werde ich ein Ratspräsident für alle sein und mich politisch neutral verhalten.“
Dass er das gut kann, hat er dann sogleich bewiesen. Dabei war es eine schwierige und für den Monat Januar außergewöhnlich lange Sitzung, die Gashi aber bis zum Ende um 23.30 Uhr souverän geleitet hat.