Sperrfrist: Donnerstag, 21. November, 11:00 Uhr
Medienmitteilung
Heute wurde in Bern die Volksinitiative «Für ein modernes Bürgerrecht (Demokratie-Initiative)”
eingereicht. Das Zustandekommen der Demokratie-Initiative aus der Zivilgesellschaft ist ein
historischer Erfolg und ein Zeichen der Hoffnung. Die Initiative fordert einen Paradigmenwechsel:
Wer hier lebt und objektive Kriterien erfüllt, soll einen Anspruch auf Einbürgerung und auf
vollwertige Teilhabe an der Gesellschaft haben.
Die zivilgesellschaftliche Allianz “Aktion Vierviertel” hat heute in Bern die Demokratie-Initiative mit
104’603 beglaubigten Unterschriften eingereicht. Das Volksbegehren will Einbürgerungsverfahren
mit objektiven und abschliessenden Kriterien vereinfachen und dadurch die heute oftmals
vorherrschende Willkür beenden. Derzeit schliesst die Schweiz mehr als ein Viertel der ständigen
Wohnbevölkerung vom Bürgerrecht und von gleichen politischen Rechten aus.
Die Demokratie-Initiative wird von einer breiten Bewegung aus der Zivilgesellschaft sowie von der SP,
den Grünen, der Operation Libero, der Stiftung für direkte Demokratie, Campax, der Unia, HEKS und
weiteren Organisationen getragen. In den letzten drei Monaten haben noch rund 50’000 Menschen
die Initiative unterschrieben, insgesamt wurden mehr als 135’000 Unterschriften gesammelt.
Ein emotionaler Akt
Dieser Erfolg ist in erster Linie den zahlreichen Lokalkomitees aus der Zivilgesellschaft zu verdanken.
Sie standen die letzten 18 Monate auf der Strasse und haben tausende Unterschriften gesammelt –
unbezahlt, der Witterung, dem Unterschriftenskandal und vereinzelt auch Anfeindungen zum Trotz.
Menschen wie die beiden Lehrerinnen Xhemile Istrefi Ademi und Sovrane Ademi. Die Schwestern
erzählen bei der Einreichung ihre Geschichte: wie sie sich einbürgern lassen wollten und ihnen klar
gemacht wurde, dass sie hier, wo sie geboren und aufgewachsen sind, nicht wirklich willkommen
sind. Wie sie sich von dem Schmerz nicht beirren liessen. Und dass die Demokratie-Initiative für sie
ein emotionaler Akt ist, um tatsächlich etwas zu verändern. Wie Istrefi Ademi sagt, «für eine Zukunft,
in der Heimat bedeutet, dass man auch mitentscheiden darf».
Ein Stück Geschichte
Agnese Zucca, Co-Präsidentin von Aktion Vierviertel, erinnert daran, dass das Schweizer Stimmvolk in
den letzten 50 Jahren seit der Schwarzenbach-Initiative über 13 Vorlagen abstimmte, welche die
Einwanderung und die Rechte von Ausländerinnen und Ausländern einschränken wollten. Mit der
Demokratie-Initiative wird zum ersten Mal seit der Mitenand-Initiative vor ebenfalls fast 50 Jahren
eine Volksinitiative eingereicht, die sich für die Ausweitung der Rechte von Migrantinnen und
Migranten einsetzt. Zucca betont, es gehe nicht nur um politische Rechte und um die Demokratie,
sondern auch um Aufenthaltssicherheit, Reisefreiheit und das Recht, jederzeit in die eigene Heimat,
in die Schweiz, zurückzukehren. 40 Prozent der Schweizer Bevölkerung haben einen
Migrationshintergrund, bei den Jüngeren gar 60 Prozent. «Wir sprechen nicht nur von der Schweiz
der Zukunft. Es ist die Schweiz von heute. Und es war auch die Schweiz von gestern», macht Zucca
deutlich.
Ein Symbol gelebter Demokratie
Co-Präsident Arbër Bullakaj erinnert daran, dass das Zustandebringen einer Volksinitiative für einen
kleinen, zivilgesellschaftlichen Verein alles andere als selbstverständlich ist. Dieser Erfolg zeigt, was
möglich ist, wenn Menschen sich zusammenschliessen und für eine gemeinsame Vision einstehen:
Wer hier lebt, hat einen Anspruch auf vollwertige Teilhabe. «Die Demokratie-Initiative ist ein Symbol
dafür, dass wir die Demokratie nicht als etwas Gegebenes betrachten dürfen, sondern als lebendiger
Prozess, der von uns allen mitgestaltet werden muss», so Bullakaj. Die heutige Einreichung der
Demokratie-Initiative ist ein erster Schritt hin zu einer Schweiz, in der jede Stimme zählt, in der jede
und jeder gehört wird und in der die Demokratie eine Kraft ist, die alle verbindet.
Die Zukunft ist demokratisch
Ist es nicht verrückt, dass Unterschriften dafür gesammelt werden müssen, dass alle Menschen in
diesem Land eine Stimme haben – oder ist es kalkuliert? Diese Frage stellt Schriftstellerin Melinda
Nadj Abonji aus dem Initiativkomitee – und hält fest: «Hier stimmt etwas grundsätzlich nicht, mit
dieser Ur-Demokratie. Die Schweiz, das wissen wir, schwärmt gern vom Vollfett-Käse, aber die
Realität sieht anders aus: Mager-Demokratie.» Wie Nadj Abonji betont, legt das Schweizer Stimmvolk
seit 100 Jahren aus Angst vor der «Überfremdung» stets ein deutliches und niederschmetterndes
«Nein» in die Urne. Für viele sei das Schweizer Bürgerrecht ein angestammtes Geburts-Privileg, ein
«Läckerli aus guten alten Zeiten». Die Demokratie-Initiative mache «laut und deutlich» darauf
aufmerksam, dass «die Zukunft demokratisch ist», schliesst die Schriftstellerin.
Das Zustandekommen der Demokratie-Initiative aus der Zivilgesellschaft ist ein historischer Erfolg
und ein Zeichen der Hoffnung. Es zeigt, wie dringend die Schweiz ihr Demokratie-Defizit angehen
muss, um das Versprechen der Vorzeigedemokratie auch tatsächlich einzulösen. Nun liegt es an der
Politik, die Demokratie in der Schweiz weiterzuentwickeln.
Die Reden von Xhemile Istrefi Ademi und Sovrane Ademi, Melinda Nadj Abonji, Arbër Bullakaj und
Agnese Zucca finden Sie im Anhang und (ab 11:00 Uhr) auf der Website der
Demokratie-Initiative: https://democratie-initiative.ch/
Personnes de contact pour les demandes des médias :
Arbër Bullakaj (DE), Nadra Mao (FR), Agnese Zucca (IT)
Coprésidence d'Action Quatre Quarts
kontakt@demokratie-volksinitiative.ch
Lisa Mazzone, Präsidentin Grüne Schweiz
lisa.mazzone@gruene.ch
Cédric Wermuth, Co-Präsident SP Schweiz
cedric.wermuth@spschweiz.ch
Stefan Manser-Egli, Co-Präsident Operation Libero
stefan.manser-egli@operation-libero.ch
Daniel Graf, Stiftung für direkte Demokratie
daniel.graf@wecollect.ch
Vania Alleva, Präsidentin Unia
vania.alleva@unia.ch
Claudine Esseiva, Grossrätin FDP
Info@claudine-esseiva.ch
András Özvegyi, Co-Präsident GLP Luzern
oezvegyi@gmx.ch