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Das Bürgerrecht: Eine fundamental wichtige Frage für die Zukunft der Schweiz

Dinnova
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EKM-Jahreskonferenz 2025

Ich möchte beginnen mit einem Rückblick auf das letzte halbe Jahrhundert Bürgerrechtsgeschichte. Ich habe sie von nahem verfolgt, manchmal auch als direkter Akteur. Die neuere Geschichte des Schweizer Bürgerrechts ist geprägt von einem ständigen Auf und Ab, von Fortschritten und grossen Rückschlägen. Ich werde mich auf die wichtigsten Etappen beschränken und mich anschliessend den aus meiner Sicht zentralen Fragen für die Zukunft zuwenden.

1982, vor über vier Jahrzehnten, unternahm der Bundesrat, der verantwortliche Justizminister war damals Kurt Furgler, einen ersten Versuch, jungen, in der Schweiz aufgewachsenen Ausländerinnen und Ausländern eine erleichterte Einbürgerung zu ermöglichen. Die Vorlage scheiterte in der Volksabstimmung im Verhältnis von 45% zu 55%. Aber hören Sie, wie der Bundesrat, wie Bundesrat Furgler, in seiner Botschaft damals argumentierte:

«Hier aufgewachsene Ausländer sind dank des Besuchs schweizerischer Schulen mit unseren Gegebenheiten weitgehend vertraut und nur den Papieren nach Ausländer. Ihre volle Eingliederung in die schweizerische Gesellschaft ist mit allen Mitteln zu fördern. Nur so kann verhindert werden, dass sie mangels politischer Mitwirkungsmöglichkeiten in eine menschlich und vor allem auch staatspolitisch unerwünschte Isolation gedrängt werden. Auch wenn die jungen Ausländer versuchen, es in allen Dingen ihren schweizerischen Altersgenossen gleichzutun, fühlen sie sich als Sondergruppe. Dieses Gefühl wird noch dadurch verstärkt, dass sie es bei dieser oder jener Gelegenheit zu spüren bekommen, dass sie Ausländer sind.»

Der Bundesrat sprach sich damals entschieden für die erleichterte Einbürgerung von Angehörigen der sogenannten zweiten Generation aus. Auch wenn die Sprache von damals in ihrem paternalistischen Gestus veraltet sein mag: Beim heutigen Bundesrat sucht man vergeblich nach staatspolitischen und menschlichen Überlegungen in dieser Art. Lesen Sie nur die kürzlich publizierte Botschaft zur Volksinitiative «Für ein modernes Bürgerrecht». Das ist umso stossender, als heute viel mehr Menschen von unserem engherzigen Bürgerrecht betroffen sind als zur Zeit von Bundesrat Furgler.

Einen zweiten Versuch, der Zweiten Generation eine erleichterte Einbürgerung zu ermöglichen, machte der Bundesrat – für die Justiz zuständig war inzwischen Arnold Koller – 1994. Diesmal stimmten 53% der Schweizerinnen und Schweizer zu. Aber die Vorlage scheiterte am Ständemehr – nur noch am Ständemehr.

Zehn Jahre später, 2004, in der Zeit von Justizministerin Metzler, wurde eine dritte Vorlage abgelehnt. Diesmal von Volk und Ständen. Aber, und das ist der Unterschied zu heute: Jedes Mal stellte sich der Bundesrat mit Überzeugung hinter die Einbürgerungs-Vorlagen für die Zweite Generation.

Leider ganz anders heute: Für den heutigen Bundesrat ist die erleichterte Einbürgerung der zweiten, in der Schweiz aufgewachsenen, Generation kein Thema mehr. So sehr die «Demokratie-Initiative» «Für ein modernes Bürgerrecht» Anlass dazu geboten hätte. Dass das nicht geschehen ist, zeigt, wie gravierend sich die Verhältnisse in unserer Regierung inzwischen verschoben haben.

So viel zu den grossen Rückschlägen der letzten Jahrzehnte. Immer wieder gab es aber auch Fortschritte. Der mit Abstand wichtigste Fortschritt war eine Folge der Gleichstellung der Geschlechter, die endlich auch im Bürgerrecht nachvollzogen wurde. Zwar wurden ausländische Ehefrauen von Schweizern nun nicht mehr automatisch Schweizerinnen. Aber die Rechtslage für binationale Paare verbesserte sich klar, durch die geschlechtsunabhängig verankerte erleichterte Einbürgerung des Partners, der Partnerin, nach fünf Jahren. Dadurch wurde ein Rechtsanspruch auf Einbürgerung verankert. Die praktische Bedeutung dieser Verbesserung ist enorm. Rund 40 Prozent der Ehen werden heute binational geschlossen.

Zu den positiven Entwicklungen im Bürgerrecht gehört auch, dass das Verbot der doppelten Staatsangehörigkeit Anfang der neunziger Jahre abgeschafft wurde. Hier gehörte die Schweiz im europäischen Vergleich für einmal zu den Vorreiterinnen. Ich erinnere mich gut daran, wie dieser Fortschritt zustande kam. In einer ersten Runde der Beratung der damals hängigen Vorlage zum Bürgerrecht in der nationalrätlichen Kommission, in der es um andere Fragen ging, war mein Antrag auf Streichung noch chancenlos. Vor der zweiten Runde machten sich der Gewerkschaftsbund und der Arbeitgeberverband in einer gemeinsamen Eingabe für die Abschaffung des Verbots des doppelten Bürgerrechts stark. Bundesrat Koller schloss sich dem Anliegen der Sozialpartner an, worauf die Mehrheit beider Räte die Streichung beschloss. Die damals im Vordergrund stehende europapolitische Debatte wirkte sich positiv aus. Ein Referendum war kein Thema, die Gegner waren vollauf beschäftigt mit ihrem Kampf gegen den EWR.

Zu den Errungenschaften dieser Jahrzehnte gehört auch die Öffnung des Rechtswegs gegen willkürlich verweigerte Einbürgerungen bis hin zum Bundesgericht. Wegweisend dafür waren die Fälle Emmen und Rheineck. Daraus ergab sich zwar kein Rechtsanspruch auf Einbürgerung, aber doch ein Anspruch auf Schutz vor Diskriminierung. Im Fall Emmen hob das Bundesgericht den diskriminierenden negativen Entscheid auf, der sich ausschliesslich gegen Personen aus Ex-Jugoslawien gerichtet hatte. Im Falle Rheineck führte die Beschwerde in einer analogen Konstellation dazu, dass das Bundesgericht erstmals anordnete, dass die Betroffenen eingebürgert werden mussten. Dies, nachdem sich die Mehrheit der Bürgerversammlung trotz Aufhebung des diskriminierenden ersten Entscheids geweigert hatte, die Diskriminierung zu beseitigen.

Die beiden Entscheide Emmen und Rheineck waren ein grosser Fortschritt im Einbürgerungsrecht. Diese beiden Entscheide des Bundesgerichts spiegeln aber nur, mit welcher Willkür und welchen Schwierigkeiten Einbürgerungswillige im Einbürgerungsverfahren immer wieder konfrontiert sind. Die Schweizer Stimmbevölkerung stützte die Entscheide des Bundesgerichts gegen Diskriminierung. Die SVP-Initiative, die Willkürentscheide von Gemeinden verfassungsmässig abstützen wollte – die Initiative hiess «für demokratische Einbürgerungen» – wurde mit grossem Mehr abgelehnt.

Zwiespältige Auswirkungen haben zwei Gesetzesrevisionen der jüngeren Zeit. Für die Dritte Generation wurde dank eines Vorstosses von Nationalrätin Ada Marra endlich eine Verfassungsrevision für die erleichterte Einbürgerung in die Wege geleitet und von Volk und Ständen angenommen. Im Gesetz wurde das Versprechen dann allerdings so restriktiv umgesetzt, dass die Effekte lächerlich klein bleiben. Unter anderem durch eine willkürliche Altersgrenze von 25 Jahren, bis zu der die erleichterte Einbürgerung längstens beantragt werden kann.

Die letzte Revision des Bürgerrechtsgesetzes von 2018 verkürzte zwar die Wohnsitzpflicht von zwölf auf zehn Jahre. Aber gleichzeitig wurden die Hürden erhöht, indem neu die Niederlassungsbewilligung C zwingend vorausgesetzt wird. Und die sprachlichen Anforderungen wurden in der Praxis dermassen verschärft, dass viele Zugewanderte ohne tertiäre Bildung faktisch keine Chance auf Einbürgerung mehr haben. Daraus erwächst eine gegenüber früher noch verschärfte soziale Diskriminierung. Wer nicht über eine höhere Schulbildung verfügt und manuelle Arbeit zum Beispiel auf dem Bau oder in der Reinigung verrichtet, kommt kaum mehr über die immer höheren formellen Anforderungen. Auch die teilweise grotesken Einbürgerungstests sind schikanös, wie die Praxis zeigt. Der Ungeist der «Schweizermacher», bis heute der erfolgreichste Schweizer Film aller Zeiten, ist an manchen Orten noch immer makabre Realität.

Die grössten Verschlechterungen der letzten Jahre aber sind entstanden durch die in der jüngeren Geschichte präzedenzlose Prekarisierung der Aufenthaltsrechte für die in der Schweiz geborene und hier aufgewachsene Zweite und Dritte Generation. Durch die neuere Praxis der Gerichte bei Delikten hat sich ihre Situation massiv verschlechtert. Noch in den neunziger Jahren wäre es unvorstellbar gewesen, dass hier geborene oder aufgewachsene Ausländerinnen und Ausländer, also Inländerinnen und Inländer ohne Pass, bei Delikten einfach abgeschoben würden. In ein Land, das ihnen oft gänzlich fremd ist. Genau das passiert heute aber regelmässig. Dies trotz der Härtefallklausel im Gesetz, die ausdrücklich Secondos und Secondas schützen sollte. Bei diesen Verschärfungen beruft sich das Bundesgericht auf den sogenannten «Volkswillen»: Gemeint ist damit die Annahme der SVP-«Ausschaffungsinitiative» in der Volksabstimmung. Es sind also rein politische und nicht rechtliche Argumente. Dabei blendet das Bundesgericht vollständig aus, dass die gleiche Stimmbevölkerung wenige Jahre später die SVP-«Durchsetzungsinitiative», die sich gegen die Härtefallklausel richtete, mit menschenrechtlichen Argumenten klar verworfen hat. Für die für die Verschärfungen verantwortliche Abteilung des Bundesgerichts, die strafrechtliche Abteilung, hat auch die EMRK bis heute kaum einen Stellenwert.

Die Landesverweisung von Angehörigen der Zweiten und Dritten Generation – oft sind es Drogenabhängige mit einer Jahrzehnte langen Krankheitsgeschichte –, ist ein Unrecht, das das Gewissen der Schweiz in Zukunft noch plagen wird.

Gefährdet ist die Aufenthaltssicherheit langjährig hier Ansässiger ohne Schweizer Pass auch, weil das Aufenthaltsrecht zunehmend davon abhängt, dass jemand nicht sozialhilfeabhängig wird. Viele verzichten heute wegen berechtigter Angst vor dem Verlust der Aufenthaltsbewilligung auf Hilfe für sich und ihre Kinder, auch wenn sie dringend nötig wäre. Ob die vom Parlament in einer ersten Runde gutgeheissene parlamentarische Initiative «Armut ist kein Verbrechen» dem Einhalt gebieten kann, ist derzeit ungewiss.

Dass das Aufenthaltsrecht in der Schweiz auch bei Verwurzelung oder Geburt im Land in den letzten Jahren stark prekarisiert worden ist, ist die Folge ständiger ausländerfeindlicher Kampagnen. Damit rückt die ursprüngliche Funktion des Bürgerrechts, nämlich Aufenthaltssicherheit zu schaffen, plötzlich wieder in den Vordergrund. Nur das Bürgerrecht schafft letztlich Schutz vor Ausweisung und sichert damit das Aufenthaltsrecht.

 

Lassen Sie mich nach diesem Überblick über die letzten Jahrzehnte zu den grundsätzlichen Fragen kommen, die sich heute stellen. Ende 2024 zählte die Schweiz gut neun Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Fast zweieinhalb Millionen davon haben keinen Schweizer Pass. Das sind mehr als 27 Prozent der Bevölkerung, mit steigender Tendenz.

Die Zunahme der Schweizer Wohnbevölkerung ist ein Spiegel des wirtschaftlichen Erfolgs. Das lässt sich durch einen Vergleich mit Österreich illustrieren. Die österreichische Wohnbevölkerung war vor 100 Jahren doppelt so gross wie jene der Schweiz. Heute leben in der Schweiz fast gleich viele Menschen wie in Österreich. Die beiden Länder hatten in den letzten 100 Jahren eine stark unterschiedliche wirtschaftliche Dynamik. Dass die Schweizer Wohnbevölkerung in den letzten Jahrzehnten so stark gewachsen ist, hat mit ihrem wirtschaftlichen Erfolg zu tun.

Dass ein immer grösserer Teil der Schweizer Wohnbevölkerung keinen Schweizer Pass hat, ist demgegenüber eine Folge des restriktiven Einbürgerungsrechts. Kein anderes Land kennt ein so kompliziertes dreistufiges Einbürgerungsverfahren von Gemeinde, Kanton und Bund. Die dominante Rolle der Gemeinden stammt aus Zeiten, als die Verantwortung für die Armen, die Armengenössigen, bei den Gemeinden lag. Menschen, die in die Armut abstürzten, konnten jederzeit in die Heimatgemeinde abgeschoben werden, egal wie lange sie an einem anderen Ort gelebt hatten. Dieser unwürdige Zustand, die unselige Verschränkung des Armenrechts mit dem Gemeindebürgerrecht, ist seit 1977 vorbei. Keine Schweizerin, kein Schweizer muss heute mehr befürchten, wegen Armut in die Schweizer Heimatgemeinde abgeschoben zu werden. Ist die Heimatgemeinde aber nicht mehr für die Sozialhilfe zuständig, so entfällt auch dieser Grund für eine restriktive Einbürgerungspolitik.

Dass mehr als ein Viertel der Schweizer Wohnbevölkerung kein Bürgerrecht hat, stellt für ein Land, das sich als Demokratie versteht, konkret als die zweitälteste Demokratie der Welt, grundsätzliche Fragen. Michael Walzer, einer der wichtigsten politischen Philosophen der Gegenwart, hat sich in seinem Schlüsselwerk «Sphären der Gerechtigkeit» mit genau diesen Fragen beschäftigt. Er kommt zum Schluss, dass politische Gerechtigkeit, in einer Demokratie, dauerhaftes Ausländertum nicht zulässt. Eine Demokratie, die wirtschaftlich auf Immigrantinnen und Immigranten baut, muss diese einbeziehen, ihnen Wege zur Zugehörigkeit eröffnen. Der Schlüssel dazu ist das Bürgerrecht. Für gleiche und vollwertige Rechte. Eine Demokratie muss alle einschliessen, die dauerhaft zur Wohnbevölkerung zählen.

Die Schweiz kommt nicht darum herum, sich mit dieser Frage ernsthaft auseinanderzusetzen. Die «Demokratieinitiative» «Für ein modernes Bürgerrecht» stellt sie erstmals in Form einer Volksinitiative.

Die Initiative fordert, die Wohnsitzfrist für das Bürgerrecht auf fünf Jahre herabzusetzen. Diese Forderung ist keineswegs utopisch.

Sie ist es schon deshalb nicht, weil die Fünfjahresfrist in Europa verbreitet, nahezu Standard ist. Auch für die Schweiz wäre sie nichts Neues. Im 19. Jahrhundert galten kurze Wohnsitzfristen, zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren fünf Jahre die Regel. Albert Einstein wurde innert fünf Jahren Schweizer Bürger. Nur deshalb ist er ein Schweizer Nobelpreisträger.

Die starke Verengung des Zugangs zum Bürgerrecht ist eine neuere Erscheinung. Sie ist das Ergebnis von Entwicklungen im Lauf des 20. Jahrhunderts. Der Zugang zum Schweizer Bürgerrecht wurde nach dem ersten Weltkrieg stark erschwert, zu einer Zeit also, als die Zuwanderung in die Schweiz tief war. Im 19. Jahrhundert sah man das anders. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als die Schweiz im wirtschaftlichen Boom erstmals zum Einwanderungsland wurde und die Städte teils höhere Ausländerzahlen aufwiesen als heute, wurde die Einbürgerung offensiv gefördert.

Die Einbürgerungspolitik hängt wie kaum ein anderes Politikfeld mit dem Selbstbild der Schweiz zusammen. Eine ethnisierte, abstammungsorientierte Vorstellung von dem, was die Schweiz ausmacht, führt tendenziell zu einem restriktiven Bürgerrecht. Wer sich hingegen an der realen Vielfalt der sich ständig wandelnden Zusammensetzung der Schweizer Wohnbevölkerung orientiert, muss auch für die Öffnung des Zugangs zum Bürgerrecht eintreten.

Auch da lohnt der Blick zurück. Im 19. Jahrhundert, im Zeitalter der Nationenbildung, musste sich der junge Schweizer Bundesstaat gegen die dominierende Vorstellung abgrenzen, wonach eine Nation sprachlich, ethnisch und kulturell homogen sein müsse. Die Schweiz mit ihren verschiedenen Sprachen und Kulturen hingegen begründete ihre Existenz staatspolitisch und nicht ethnisch: mit der Orientierung an gemeinsamen Werten wie Freiheit, Demokratie und Pluralismus. Exemplarisch dafür stehen die Schriften des damals führenden Staatsrechtlers Carl Hilty. Diese wegweisende Sichtweise eröffnet Perspektiven auch für die Zukunft. Sie versteht die Vielfalt der Bevölkerung positiv und bezieht alle ein, die dauerhaft hier leben.

Vieles spricht dafür, dass die Voraussetzungen für eine Weiterentwicklung des Bürgerrechts besser sind als es der politische Rückblick auf die letzten Jahrzehnte vermuten lässt. Die Schweiz kann aufbauen darauf, dass die wirtschaftliche und die soziale Integration über alles gesehen erfolgreich war. Unser System der Berufsbildung mit grosser Durchlässigkeit, und insbesondere auch die Gewerkschaften haben dazu wichtige Beiträge geleistet. In den beiden grössten Gewerkschaften der Schweiz, der Unia und der Syna, spielen Migrantinnen und Migranten und ihre Nachkommen eine tragende Rolle. Die gesellschaftliche Integration hat sich in der Schweiz stark entwickelt, insbesondere dank vielfältigen Kräften der Zivilgesellschaft, darunter auch die Migrantinnen und Migranten und ihre Organisationen. Exemplarisch und für alle sichtbar ist der Fussball ein Spiegel der Vielfalt dieser realen Schweiz. Nun muss politisch das nachvollzogen werden, was wirtschaftlich und gesellschaftlich längst Realität ist.

Ansatzpunkte gibt es viele. Angefangen beim ius soli, dem Bürgerrecht für Kinder, die in der Schweiz geboren werden und deren Eltern hier dauerhaft leben. Kinder also, die hier aufwachsen und deren reale Heimat die Schweiz ist, unabhängig vom Pass ihrer Eltern. Die Schweiz muss endlich beginnen, ernsthaft über diese Forderung nachzudenken. Schon Ende des 19. Jahrhunderts gab es politische Vorstösse dafür, dann wieder 1967. Notabene von freisinnigen National- und Ständeräten. Auch wenn diese Vorstösse später in Schubladen verschwanden, lässt sich daran anknüpfen.

Man könnte auch kühner denken. Gegen eine halbe Million der fast zweieinhalb Millionen hier lebenden Menschen mit ausländischem Pass sind in der Schweiz geboren. Warum nicht all diesen Menschen, in einer grossen Aktion, die Möglichkeit zum Schweizer Pass eröffnen, unbürokratisch, ohne Hürden? Sie gehören doch schon längst, Zeit ihres Lebens, zur Schweiz. So eine grosse, in einem positiven Sinne patriotische Geste, würde vieles ändern, zum Guten.

Überfällig ist es, die Forderung nach der erleichterten Einbürgerung wieder aufzunehmen. Der Bundesrat ist heute, im Gegensatz zu seinen Vorgängern, dazu leider nicht imstande. Im Parlament wird eine neue Auseinandersetzung darüber fällig.

Vor diesen Fragen kann sich die politische Schweiz nicht mehr drücken. Das ist das Verdienst der «Demokratie-Initiative» «für ein modernes Bürgerrecht». Die Initiative wird stark von Secondos und Secondas getragen, die damit unübersehbar selbst zum politischen Subjekt werden. Die Initiative stösst, endlich, die überfällige Debatte über die Zukunft des Bürgerrechts wieder an. Und damit verbunden eine Auseinandersetzung über die Zukunft der Schweizer Demokratie.

Die zusammen mit der Botschaft über die Demokratie-Initiative vorgelegten Berichte zeigen, wie krass sich heute die realen Einbürgerungschancen von Kanton zu Kanton und von Gemeinde zu Gemeinde unterscheiden. Dabei leben wir in der gleichen Schweiz, im selben Bundesstaat, in derselben Demokratie. Es kann und darf doch nicht sein, dass die Chance, Schweizerin oder Schweizer zu werden, davon abhängig ist, wo man geboren wird und wo man lebt. Schon die erste Bundesverfassung von 1848 erklärte, dass die Vorrechte des Orts und der Geburt abgeschafft sind. Das muss endlich auch im Bürgerrecht so werden.

Diese Diskussionen sind überfällig. Die Gemeinden und die Kantone dürfen allerdings nicht warten, bis sich die Rechtslage auf Bundesebene verbessert. Die Gemeinden und Städte sind heute der Ort, wo alles beginnt. Für die Betroffenen ist es in der Praxis ein gewaltiger Unterschied, ob man ihnen signalisiert, dass man sie nicht will, wie es leider manchenorts geschieht. Oder ob man auf sie zugeht und sie einlädt, sich einzubürgern, sobald sie die Voraussetzungen dafür erfüllen. Die Erfahrungen der Gemeinden und Städte, die auf die Betroffenen zugehen, insbesondere auf die Jungen, die vor Ort aufgewachsen und zur Schule gegangen sind, sind jedenfalls sehr positiv.

Beim Bund gibt es nur schon, was die heutige Praxis betrifft, einen grossen Nachholbedarf. Das beginnt bei der Beschleunigung der Verfahren, die heute auch auf Bundesebene viel zu lange dauern. Und der jüngste Bundesgerichtsentscheid im Einbürgerungsrecht zum Gastwirt aus Arth-Goldau hat gezeigt, dass die Weisungen des Bundes nicht auf der Höhe der rechtsstaatlichen Standards und viel zu restriktiv sind. Diesem Gastwirt, der sonst alle Voraussetzungen einwandfrei erfüllte, wurde die Einbürgerung von den Bundesbehörden einzig deshalb verweigert, weil ihm am Steuer fahrlässig ein Selbstunfall unterlaufen war. Das Bundesgericht, hier war es die I. öffentlich-rechtliche Abteilung, hiess seine Beschwerde gut. Die rechtsstaatlichen Standards würden eine Gesamtwürdigung des Falles verlangen. Es ist mir ein Rätsel, weshalb das zuständige Departement die zu restriktiven Weisungen trotz des Bundesgerichtsentscheids bis heute nicht verbessert hat. Und es zulässt, dass seine Beamten, wie im fraglichen Verfahren geschehen, noch immer einer politisch gewollten Verschärfung der Einbürgerungspraxis das Wort reden.

Zum Schluss: Wir stehen bei der Einbürgerung vor der grossen Aufgabe, einen neuen Zyklus einzuleiten. Für die vielen Menschen, die zur Schweiz, zu unserer Gesellschaft gehören und doch nicht über die vollen Rechte verfügen. Das Bürgerrecht ist im Sinne von Hannah Arendt ein fundamentales Recht auf Rechte. Ein Recht, das die Voraussetzung für weitere Rechte ist: Aufenthaltsrechte, politische Rechte.

Es geht um die Zukunft der Schweiz, unserer Gesellschaft, unserer Demokratie. Demokratie heisst, dass alle, die zur ständigen Wohnbevölkerung zählen, einbezogen werden. Damit das möglich wird, braucht es eine neue Bewegung im Bürgerrecht. Die Erfahrung lehrt, dass sie nicht von selbst zustande kommt. Es ist die Verantwortung der heute politisch aktiven Generationen, die Weichen für die Zukunft zu stellen. In diesem Sinne möchte ich Sie auffordern, da, wo Sie Ihre Möglichkeiten dazu sehen, aktiv zu werden.

Autor: Paul Rechsteiner
Link der Konferenz: https://www.ekm.admin.ch/de/jahreskonferenz-2025
Bildnachweis: Roberta Fele

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Demokratie-Initiative: Für Föderalismus ohne Willkür

Action Quatre Quarts
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Heute hat der Bundesrat seine Botschaft zur Demokratie-Initiative vorgelegt. Er lehnt die Initiative für ein faires und zeitgemässes Bürgerrecht ab, weil sie in den Föderalismus eingreife. Gleichzeitig legt der Bundesrat in einem Bericht dar, warum sich Menschen nicht einbürgern lassen: hohe Kosten, mangelnde Informationen zum Prozess und der ungewisse Ausgang des Verfahrens. Der Bundesrat kommt zum Schluss, dass bei der Einbürgerung erhebliche kantonale Unterschiede bestehen, wodurch die Chancengleichheit nicht in allen Fällen gewährleistet ist. Genau dort setzt die Demokratie-Initiative an. Nun liegt der Ball beim Parlament, im Bürgerrecht für Föderalismus ohne Willkür zu sorgen.

Der Bundesrat hat heute in einer Medienmitteilung seine Haltung zur Volksinitiative “Für ein modernes Bürgerrecht (Demokratie-Initiative)” dargelegt. Er lehnt die Initiative ab, da sie zu sehr in den Föderalismus eingreife. Aktion Vierviertel bedauert diesen Entscheid, zumal der Bundesrat parallel dazu auch einen Bericht als Antwort auf ein entsprechendes Postulat veröffentlicht, der aufzeigt, was die Menschen derzeit von der Einbürgerung abhält. Zentral sind dabei die hohen Kosten, die langen und oftmals intransparenten Prozesse, und der entsprechend ungewisse Ausgang des Verfahrens: Zu zahlreich sind die Geschichten von Menschen, deren Einbürgerung aufgrund willkürlicher Gründe abgelehnt wurde. Somit bleibt mehr als ein Viertel der Menschen, die in der Schweiz leben, lieben und arbeiten, von der Demokratie ausgeschlossen.

Föderalismus ohne Willkür
“Genau hier setzt die Demokratie-Initiative an”, sagt Arbër Bullakaj, Co-Präsident von Aktion Vierviertel, “sie unterstreicht den Föderalismus als Grundpfeiler des Schweizer Systems, aber auch die Rechtsstaatlichkeit ohne Willkür und Schikane”. Die Initiative belässt das Einbürgerungsverfahren bei den Kantonen und Gemeinden, aber verlangt schweizweit objektive und gerechte Einbürgerungskriterien. Damit wäre das Einbürgerungsverfahren transparent und nachvollziehbar, und es würde Bürokratie abgebaut und damit Kosten gesenkt, ohne dass die Einbürgerung zentralisiert wird. “Die Schweizermacher gehören in die Mottenkiste der Schweizer Geschichte”, so Bullakaj.

Mit der Botschaft des Bundesrats geht die Initiative nun ins Parlament. Es gibt zahlreiche Stellschrauben, mittels derer das Einbürgerungsverfahren vereinheitlicht, vereinfacht und verbessert werden könnte. “Wir hoffen, dass das Parlament die Gelegenheit nutzt, die Einbürgerungshürden zu senken und unsere Demokratie zu stärken”, sagt Arbër Bullakaj. Zu diesem Zweck ist die Demokratie-Initiative mit Vertreterinnen und Vertretern aus unterschiedlichen Fraktionen in Kontakt.

Kontaktpersonen für Medienanfragen: 
Co-présidence Action Quatre Quarts
Co-présidence Action Quatre Quarts
kontakt@demokratie-volksinitiative.ch

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De la joie d’être là !

Action Quatre Quarts
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ll y a un mois, Elias Studer et Orhan ont obtenu une victoire historique devant le Tribunal fédéral. Ce succès a à son tour encouragé Schuan Tahir à raconter son histoire : il n'a pas été naturalisé parce qu'il a remis sa plaque d'immatriculation trop tard. Ce n'est malheureusement pas une blague. De telles broutilles suffisent aujourd'hui pour refuser une naturalisation. Nous nous engageons pour que cela change dans un avenir proche.

Le reportage de la SRF sur le refus de naturalisation d'un couple de Néerlandais vivant en Suisse depuis 20 ans a également été un triste point culminant de ces dernières semaines. La commune est arrivée à la conclusion que le couple avait certes une réputation irréprochable, des connaissances suffisantes en allemand et une situation personnelle et financière saine. Mais leurs connaissances de la politique et de la commune étaient insuffisantes et iels n'étaient « pas suffisamment intégré·e·s ». Le maire UDC de la commune a déclaré qu'on ne les voyait nulle part dans le village et - attention ! - qu’on ne « sentait » pas que le couple avait du plaisir à être là.

« La joie d’être là » constitue-t-elle un critère de naturalisation ? Bien sûr que non. Dans un Etat de droit, cela ne regarde personne, et les commissions de naturalisation ne devraient pas avoir pour mission principale de « sentir ». Mais en Suisse, le terme d’intégration peut être étiré dans tous les sens pour refuser une naturalisation. L’histoire de Ronny et Saskia montre de manière exemplaire l’« attitude de petit chef de la maison » qui sous-tend la politique de naturalisation suisse. Cela rappelle les empereurs romains : pouce vers le haut ou pouce vers le bas, selon le bon vouloir de chacun, c'est-à-dire de manière complètement arbitraire. 

Le reportage de Rundschau critique vivement la commune, montrant que de nombreux habitant·e·s sont incapables de répondre aux questions de la commission de naturalisation. La montagne la plus haute ? La différence entre le Conseil national et le Conseil des Etats ? Tout·e·s ont échoué. Le maire défend les questions posées en comparant la naturalisation à l’examen du permis de conduire : si on se prépare, on réussit. Il y a pourtant une différence. Toutes les personnes souhaitant conduire un véhicule doivent passer l’examen. Or pour obtenir le passeport suisse, la plupart des personnes ne doivent passer aucune épreuve, alors que les autres doivent se soumettre à cette procédure semée d’embûches. 

Il n'y a pas que dans les questions de connaissances que les candidat·e·s à la naturalisation doivent prouver plus que le Suisse moyen ou la Suissesse moyenne. Une nouvelle étude basée sur un sondage montre que le respect de certaines normes sociales, typiquement exigées dans le cadre de l'« intégration », est davantage attendu des « étranger·ère·s » que de la société dans son ensemble. La recherche sur la migration nomme cela la « dispense d'intégration » : l'intégration n'est exigée et vérifiée que pour une partie bien déterminée de la population, et pas pour les autres.

Il reste beaucoup à faire sur le chemin d’une vraie démocratie. C’est ce chemin que nous souhaitons parcourir ensemble. Souhaitez-vous nous aider à faire connaître des histoires telles que celles d’Orhan, de Schuan, de Saskia et de Ronny ?

[Faire à don pour la démocratie des quatre quarts]

Merci pour votre soutien !
Action Quatre Quarts

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Décision historique du Tribunal fédéral : les décisions sur l’octroi de la nationalité doivent se fonder sur une appréciation globale

Action Quatre Quarts
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Communiqué de presse de l'Action Quatre Quarts

Aujourd'hui, le Tribunal fédéral a rendu une décision historique à l'issue d'une délibération publique. Les critères d'intégration pour la naturalisation doivent faire l’objet d’une évaluation globale. La naturalisation ne peut être refusée sur la base d'un seul délit mineur, en l'occurrence un accident de la circulation. La décision d'aujourd'hui est un pas important vers un droit de citoyenneté moderne, tel que le revendique l'Initiative pour la démocratie.

Un accident routier sans implication de tiers (assoupissement) après une randonnée aurait suffi pour exclure un restaurateur de Goldau de la naturalisation pendant cinq ans. Suite à l'arrêt du tribunal administratif de Schwyz, le Tribunal fédéral a statué en dernière instance que l'appréciation des critères d'intégration doit toujours se faire dans le cadre d'une évaluation globale. Par conséquent, l'intégration ne peut pas être jugée insuffisante uniquement en raison d'un seul faux pas dans un cas concret si l'appréciation de tous les autres critères d'intégration est tellement positive que dans le cas présent.

Une décision d'une importance capitale
L'arrêt rendu aujourd'hui par le Tribunal fédéral appelle à un changement fondamental dans la pratique des autorités de naturalisation. Même en cas d'erreurs mineures, une évaluation globale des critères d'intégration doit toujours être effectuée. Les critères éliminatoires ne sont donc plus admissibles", déclare Elias Studer, qui a apporté un soutien stratégique à l'affaire en tant que représentant légal. Les autorités suisses de tous les niveaux doivent maintenant changer radicalement leur pratique. Les critères d'intégration doivent toujours être évalués dans leur ensemble, de sorte que personne ne peut être exclu de la naturalisation sur la base d'infractions mineures au code de la route, par exemple.

En tant que co-initiateur de l'initiative pour la démocratie, Studer se félicite de l'arrêt rendu aujourd'hui. Il représente un pas important vers un droit de la nationalité moderne, comme le revendique l’initiative. Même si restaurateur de Goldau devrait se réjouir de l’arrêt, il tombe trop tardivement pour constituer un soutien concret : en raison de la lenteur de la procédure, le délai d'attente de cinq ans, désormais déclaré illégal, a de toute façon expiré - rien ne devrait donc finalement plus s'opposer à sa naturalisation.
– seiner Einbürgerung sollte also endlich nichts mehr im Weg stehen.

Contacts :
Co-présidence Action Quatre Quarts
Co-présidence Action Quatre Quarts
kontakt@demokratie-volksinitiative.ch

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Thurgauer Stolz oder: Willkür im Namen des Föderalismus

Action Quatre Quarts
Schweizerisches Bundesgericht - Willkommen auf der Website des Schweizerischen Bundesgerichts

Letzte Woche hat der Bundesrat entschieden, die Demokratie-Initiative ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Begründet hat der diesen Entscheid mit dem guten alten Föderalismus-Argument: Die Initiative greife erheblich in die bestehenden kantonalen Kompetenzen und die föderalistische Ausgestaltung des ordentlichen Einbürgerungsverfahrens ein. Doch was bedeutet dieser föderalistische Flickenteppich in der Praxis? 

 

Ausgerechnet an dem Tag, an dem der Bundesrat seinen Entscheid kommunizierte, lehnte der Thurgauer Grosse Rat die Einbürgerung von Talal Aldroubi ab. Der Syrer lebt seit 19 Jahren in der Schweiz, seit sieben kämpft er um den roten Pass. Die Gemeinde Romanshorn hatte Aldroubi aufgrund seiner damaligen finanziellen Verhältnisse nicht eingebürgert. Er zog daraufhin bis vor das Bundesgericht. 

 

Das Bundesgericht äusserte zunächst Zweifel, ob der Kanton das Kriterium der «geordneten finanziellen Verhältnisse» überhaupt vorsehen und damit das Bundesrecht beliebig verschärfen darf. Aber eben: der Föderalismus und die kantonalen Kompetenzen. Das Gericht liess die Frage somit offen. Es kam unabhängig davon zum Schluss, dass eine geringfügige Schuld von nur rund 11’500 Franken ohnehin nicht bedeuten könne, dass Aldroubi in «ungeordneten finanziellen Verhältnissen» lebe. Zumal er gut integriert sei, Deutsch spreche, keine Betreibungen habe und keine Gefahr für die Sicherheit darstelle, so das Gericht. Es hielt unmissverständlich fest: die Argumentation der Gemeinde sei willkürlich und haltlos. 

 

Das Bundesgericht wies die Gemeinde an, Aldroubi einzubürgern, was diese dann tat. Im dreistufigen Verfahren brauchte es nun nur noch die Zustimmung des Kantons. Doch wer nun glaubte, das sei eine reine Formalität, machte die Rechnung ohne den Föderalismus. Die Justizkommission des Kantonsparlaments stellte die kantonalen Gesetze über den Bundesgerichtsentscheid. In den Worten eines Parlamentariers: «Es ist egal, was das Bundesgericht entschieden hat.» Das Parlament folgte der Justizkommission und lehnte die Einbürgerung des Syrers mit 72 zu 42 Stimmen deutlich ab. 

 

Der Bundesgerichtsentscheid? Die Rechtsstaatlichkeit? Die Kosten, die aller Voraussicht nach beim Kanton anfallen werden, weil Aldroubi abermals vor Bundesgericht geht und wohl abermals Recht bekommen wird? Pustekuchen. Das deutliche Nein sei das Resultat des Thurgauer Stolzes, so ein Ratsmitglied. 

 

Der Fall Aldroubi ist unfassbar, aber nicht überraschend. Es ist ein Einzelfall, der keiner ist. Diese Willkür hat im Schweizer Einbürgerungsverfahren System. Und man muss sich fragen: Will der Bundesrat wirklich diese Willkür aufrechterhalten, im Namen des Föderalismus? 

 

Der Kanton Thurgau und die Ablehnung des Bundesrats zeigen: Es braucht die Demokratie-Initiative, mehr denn je. Nun liegt der Ball beim eidgenössischen Parlament, um die Willkür im Schweizer Einbürgerungsprozess zu überwinden. Und falls sich dieses, wie der Bundesrat, hinter dem Föderalismus versteckt und aus der Verantwortung stiehlt, dann müssen wir der Demokratie-Initiative an der Urne zum Erfolg verhelfen. Hilfst du uns, die Willkür im Einbürgerungssystem zu bändigen?

 

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Le refus de l’Initiative pour la démocratie montre que l’Initiative pour la démocratie est nécessaire

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Aujourd’hui, le Conseil fédéral s’est exprimé sur l’Initiative populaire « Pour un droit de la nationalité moderne (Initiative pour la démocratie) » pour annoncer sa décision de principe. Il rejette l’initiative sans contre-projet et ne considère pas qu’il est nécessaire d’intervenir sur le droit de la naturalisation en Suisse. Ce refus du Conseil fédéral démontre que la démocratie des quatre quarts et le droit de la nationalité moderne ne peuvent venir que de la société civile. Il incombe maintenant au Parlement de combler le déficit démocratique en proposant un droit de la naturalisation tourné vers l’avenir.

Le Conseil fédéral a annoncé sa décision de principe de rejeter l’Initiative pour la démocratie sans contre-projet direct ou indirect. Il ne voit aucune nécessité d’agir sur le droit de la naturalisation en Suisse. Continuons avec les Faiseurs de Suisses, c’est la solution qu’ils proposent. Avec plus de 100’000 signatures récoltées, l’Initiative pour la démocratie a attiré l’attention sur notre déficit démocratique :
plus d’un quart (27 pour cent) de la population suisse ne jouit pas de droits politiques égaux et est exclu de la démocratie. Cela affaiblit la cohésion nationale et les institutions démocratiques de la Suisse.
Le Conseil fédéral aurait pu faire usage des nombreux leviers et mécanismes possibles pour rendre la procédure de naturalisation plus juste et moins arbitraires, par exemple en supprimant les délais de résidence dans les cantons et les communes, qui appartiennent à une autre époque ou en supprimant l’exigence du permis d’établissement (C), en réduisant le délai de résidence en Suisse, actuellement de dix ans. Il aurait pu également modifier les nombreux critères d’intégration, prendre des mesures spécifiques pour faciliter la naturalisation pour la deuxième génération, ou réduire la bureaucratie dans la procédure de naturalisation. Au niveau des ordonnances, il existe également une marge de manœuvre pour rendre les procédures plus rapides et justes et moins coûteuses, par exemple en exigeant que des PVs soient rédigés lors des entretiens de naturalisation et en numérisant la procédure. L’accès à la nationalité suisse et à la participation politique de plein droit doit devenir plus simple, plus juste et plus rapide si la Suisse veut garder sa réputation de démocratie modèle.
Le rejet de l’initiative par le Conseil fédéral nous montre que l’Initiative pour la démocratie est plus que jamais nécessaire. Et que le mouvement pour un droit de la nationalité moderne doit venir de la société civile. Il incombe maintenant au Parlement d’ouvrir la voie vers la facilitation de la naturalisation. Il faut un changement de paradigme dans le droit de la nationalité suisse : toute personne qui vit ici à long terme
doit avoir un droit à la naturalisation pour devenir membre à plein titre de notre société.

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Muri-Gümligen statt England – wie das Leben so spielt

Action Quatre Quarts
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In diesem Jahr ist Hilmi Gashi von den Grünen Präsident des Grossen Gemeinderates von Muri bei Bern. Der Gewerkschafter hat ein bewegtes Leben und geniesst auch bei politischen Gegnern einen guten Ruf. 

Er sagt: „Ich möchte helfen, Menschen sichtbar machen, die man sonst nicht so gut sieht.“

Dass Hilmi Gashi im Jahr 2025 der „höchste Muri-Gümliger“ ist, hat auch mit Zufall zu tun. Aufgewachsen ist Gashi als ältestes von sieben Geschwistern in Atmagjë, einem Dorf in der Nähe von Prizren im Kosovo. Nach seiner Matura studierte Gashi in Pristina Wirtschaft, wegen der Unruhen in seinem Land musste er das Studium nach drei Jahren aber abbrechen. Und eigentlich wollte der gebürtige Kosovare damals in den Semesterferien nach England gehen, um einen Saisonjob zu suchen, landete dann aber dank Bekannten in Bern.

„Über die Schweiz wusste ich wenig, mit 14 habe ich Wilhelm Tell auf Albanisch gelesen und als Fussball-Begeisterter kannte ich Xamax Neuenburg, das damals im Europacup für Furore sorgte“, sagt Gashi und lacht. „Die Erzählungen der Saisonniers, denen ich als Jugendlicher in Kosova begegnete, waren auf jeden Fall nicht nur schmeichelhaft für die Schweiz.“

Nach seiner Ankunft hatten sich die negativen Erzählungen zum Teil bewahrheitet. „Ich kam später ohne Netzwerk ins Land und arbeitete zuerst als Maler auf dem Bau und wohnte in einem Haus in Kirchenfeld mit drei weiteren Bauarbeitern in einem Zimmer. Das war schon fast luxuriös. Andere Saisoniers wohnten in schlecht isolierten Baracken am Strassenrand. Öffentliche Plätze in Bern waren wichtig für die Saisoniers. Wir trafen uns am Bahnhof, in der Christoffel-Beiz in der Bahnhof-Unterführung oder beim Schach auf dem Bärenplatz“, erzählt Gashi. Nur langsam fand er seinen Platz in der Gesellschaft.

„Ich hatte Glück und konnte mein Studium an der Uni Freiburg wieder aufnehmen. In meiner WG lebten spannende Menschen aus allen Ecken der Schweiz und ich fand mich immer besser zurecht.“ Die Schweiz lernte er zuerst allein und später mit seiner Frau Violeta und den Söhnen Lenart und Endrit beim Wandern, Velofahren und bei zahlreichen Ausflügen und Ferien mit dem Zug oder Postauto durchs ganze Land kennen.

Mit der Familie nach Muri Später zog Hilmi Gashi mit seiner Familie nach Muri. Viele positive Erinnerungen hängen mit dem Fussball zusammen. Der Fussballplatz ist ein guter Begegnungsort, sagt Gashi. „Die Clubs leisten in der Schweiz eine sehr grosse Arbeit bei der Integration.“

Engagiert im Elternrat trainierte Gashi denn auch selbst bald Klassen beim Schülercup, später traten Lenart und Endrit beim FC Muri-Gümligen ein. „Als eine Mannschaft aufgelöst werden sollte, weil sie keine Trainer mehr hatte, meldete ich mich.“ Hilmi Gashi absolvierte den Trainer-Grundkurs und bildete sich mit Tutorials im Internet weiter. Auch in der Freizeit gilt für Gashi: Unvorbereitet gibt’s nicht.

In seiner Jugend war er selbst polysportiv unterwegs, spielte Fussball, Basketball, Tischtennis und Kampfsport. „Ich brauchte immer viel Bewegung. Noch heute kommen mir die besten Ideen eher bei einem Spaziergang im Wald als am Schreibtisch.“ Und wenn Gashi Zeit findet, hört er gerne eher innovativen Alternativrock, er spielt auch selbst Gitarre.

Keine Abstimmung verpasst „Ich war immer ein politischer Mensch“, erzählt Gashi. „Nach meiner Einbürgerung im Jahr 2008 habe ich mich dann vermehrt persönlich engagiert. In Bern suchte ich politischen Anschluss und fand diesen im Grünen Bündnis. Einerseits durch Bekanntschaften und andererseits hatte ich damals die grössten politischen Schnittmengen mit dem GB.“

Durch sein Engagement in der Integrationspolitik und seinen Job bei der Gewerkschaft Unia würde Gashi heute wohl auch gut zur SP passen. Seit seiner Einbürgerung hat Hilmi Gashi noch keine Abstimmung verpasst, darauf ist er stolz. Die politische Teilhabe empfindet Gashi als Privileg, und er möchte sie darum auch Ausländerinnen und Ausländern, die hier wohnhaft sind, ermöglichen.

„Viele setzen sich beruflich oder auch gesellschaftlich ein, erledigen ihre Pflichten, bezahlen Steuern, um dann zu merken, dass sie nicht abstimmen dürfen. Gegen diese und andere strukturelle Barrieren setze ich mich ein. Ich möchte helfen, Menschen sichtbar machen, die man sonst nicht so gut sieht.“

Ausserhalb der Gemeinde und des Muriger Parlaments engagiert sich Hilmi Gashi bei der Vierviertel-Initiative im Verein und im Initiativ-Komitee. „Es geht darum, die 25% der Menschen ohne Schweizer Pass in den politischen Diskurs einzubauen. Das stärkt unsere direkte Demokratie und macht sie inklusiver.“

Die Migranten seien keine homogene Gruppe, sie hätten verschiedene Meinungen, auch politisch, genau wie die Gesellschaft, die bereits hier lebe, sagt er. „Ich kenne Kosovaren, die politisieren in der SVP, andere bezeichnen sich als liberal oder orientieren sich links. Ich persönlich finde politisches Engagement wichtig, aber ich habe auch Verständnis für jene, die es nicht tun.“

„Höchster Muri-Gümliger“ Bei der ersten Parlamentssitzung des Jahres wurde er einstimmig als Präsident des Grossen Gemeinderates gewählt – seine Frau und die beiden Söhne waren in der Aula des Schulhauses Moos zugegen – und ist jetzt ein Jahr lang der „höchste Muri-Gümliger“. Bei seiner kurzen Eröffnungsrede sagte Gashi, dass er vor drei Jahrzehnten bei seiner Ankunft in der Schweiz nie damit gerechnet hätte, einst Parlamentspräsident einer Gemeinde wie Muri bei Bern zu werden.

Gashi geniesst in der Lokalpolitik weit über Parteigrenzen hinweg einen guten Ruf als umsichtiger und stets dossiersicherer Politiker. Geschätzt werden neben seiner ruhigen Art auch die Fähigkeit, zuzuhören und andere Meinungen zu akzeptieren. Gute Voraussetzungen für die anspruchsvolle Aufgabe, die GGR-Sitzungen zu leiten.

„Ich möchte zusammen mit dem Ratsbüro eine positive Diskussionsbasis ermöglichen und die Debatten mit Bedacht leiten. Das bedeutet für mich, gut planen und vorbereiten, damit das Parlament den Fokus auf die Inhalte und nicht auf Formalitäten legen kann. Selbstverständlich werde ich ein Ratspräsident für alle sein und mich politisch neutral verhalten.“

Dass er das gut kann, hat er dann sogleich bewiesen. Dabei war es eine schwierige und für den Monat Januar außergewöhnlich lange Sitzung, die Gashi aber bis zum Ende um 23.30 Uhr souverän geleitet hat.

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Rede von Melinda Nadj Abonji zur Einreichung der Demokratie-Initiative

Action Quatre Quarts
Medien (6)
Melinda Nadj Abonji, Initiativkomitee

 

Warum wir hier sind. Weil wir etwas zu feiern haben. Dass über 130’000 Menschen die 4/4 Initiative unterschrieben haben. Jede Unterschrift bedeutet eine Stimme. Und es haben auch Menschen für die Initiative gesammelt, die keine Stimme haben. In diesem Land, in dem sie leben, arbeiten, Steuern zahlen, ihre Ideen einbringen; in diesem Land, in dem ihre Kinder geboren sind, die Schule besuchen und Freundschaften knüpfen, über alle Nationalitäten hinweg. Seien wir ehrlich: Ist es nicht verrückt, dass dafür Unterschriften gesammelt werden müssen? Dass ein Land seinem Demokratie-Anspruch eigentlich nicht gerecht wird? Dass eine Demokratie, die sich für die beste aller Demokratien hält, einen Viertel ihrer Bevölkerung vom Stimm- und Wahlrecht ausschliesst? Ist das verrückt – oder kalkuliert?

Kalkuliert? Warum das kalkuliert sein soll, fragen Sie mich?

Weil der Umgang mit dem Stimm- und Wahlrecht sehr emotional ist. Und diese Emotionalität politisch profitabel ist. Weil man mit einem absurd exklusiven Bürgerrecht einen Keil treibt zwischen jene, die eine Stimme haben und den anderen, die keine Stimme haben und keine haben sollen. Stimme und stumm. Es ist aber, wir wissen es längst, demokratiepolitisch bedenklich, dass es Städte gibt wie Kreuzlingen, in denen mitunter 10% der Bevölkerung den Ausgang der Wahlen und Abstimmungen entscheiden. 10%. Das klingt nicht nach Demokratie. Sie haben Recht. Auch nicht nach Monarchie. Wir müssten einen neuen Namen erfinden. Eine Zehntel-Demokratie? Klingt nicht gut. Aber tatsächlich, die Richtung, in die sich die Schweiz demokratiepolitisch entwickelt, ist bedenklich. Deshalb sind wir hier. Um zu feiern. Und um zu sagen: Hier stimmt was grundsätzlich nicht. Mit dieser Ur-Demokratie. Die Schweiz, das wissen wir, schwärmt gern vom Vollfett-Käse, aber die Realität sieht anders aus. Mager-Demokratie. Das hat was. Ich bin nicht hier, um Scherze zu machen. Warum eigentlich nicht? Besser scherzen, als verzweifeln. Wenn in der ältesten Demokratie, mit ihren checks and balances, ein Krimineller Präsident wird. Da stellt sich auch die Frage, wie das demokratiepolitisch zu rechtfertigen ist. Wenn Markus Somm von einer «reifen Demokratie» schwärmt. Reif – wie schön. Eine reife Frucht. Eine reife Liebe. Eine reife Leistung. Zum Pflücken reif. Mir wird schwindlig, bei so viel Reife, Herr Sommer. Danke Herr Rutishauser, dass sie diese reife Einschätzung ohne Wenn und Aber publizierten, in Ihrem Sonntagsblatt. Aber wir sind ja hier, nicht dort, im Land der Grenzenlosen. So reif sind wir noch nicht. Auch wenn einige gern schon so reif wären. Doch lassen Sie mich eine ernste Frage stellen: Warum hängt die Mehrheit so an ihrem Stimm- und Wahlrecht? Warum wollen sie es so ungern teilen? Teilen ist natürlich missverständlich, aber Sie wissen, was ich meine.

Vox-Analysen zu verschiedenen ausländerpolitischen Vorlagen zwischen 1970 bis 1987 haben ergeben, dass die Stimmberechtigten jeweils für oder gegen «Ausländer:innen» stimmten, ganz egal, worum es im Einzelnen in der Vorlage ging. Angst vor «Überfremdung» – so wurde ein ablehnender Entscheid oftmals begründet; «die Ausländer sollen nicht über uns bestimmen», bald seien die Schweizer «Untertanen». Erstaunlich, finden Sie nicht? Da drängen sich demokratiepolitisch und natürlich auch menschlich ein paar Gedanken auf. Ihr sollt nicht über uns bestimmen, also bestimmen wir über euch. Naja. Wir sind schliesslich hier geboren, auf Schweizerboden. Und dann das Wort «Untertanen». Naja. Da denke ich direkt an die Obrigkeit. Ans Mittelalter, an biblische Zeiten. Und das Prinzip «Überfremdung» hat sich ja bewährt; seit 100 Jahren holen es die guten Vögte aus dem Giftschrank, um ihre Gefolgschaft bei jeder sich bietenden Gelegenheit daran zu erinnern, dass sie «überfremdet» werden, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis sich die masseneingewanderten «Fremden» ihr Bürger- und Stimmrecht «erschleichen». Bis jetzt hat sich das Stimmvolk aber gewehrt, bei jeder Abstimmung über die politischen Rechte die Stimme erhoben, ein klares und deutliches und niederschmetterndes «Nein» in die Urne gelegt, wir lassen es nicht zu, dass die Fremden über uns bestimmen.

Absurd, nicht wahr? Dass man als Stimmberechtigte dieses angestammte Geburts-Privileg bewahren möchte, sozusagen als Läckerli aus guten alten Zeiten, da die wehrhaften Schweizer die fremden Vögte aus dem Land jagten. Erstaunlich, wie weit man gehen kann, um nicht über die eigenen Gratis-Privilegien nachdenken zu müssen, der unvergleichlichen Lust, sich überlegen zu fühlen – wie bitte? Demokratie? Ja, aber nur für uns!

Aber genau deshalb sind wir hier. Weil die Schweiz ein Demokratie-Defizit hat. Weil wir an diesen grundsätzlichen Widerspruch erinnern wollen, zwischen einer nationalistischen Demokratie-Vorstellung, die sich Richtung Oligarchie entwickelt, und einer demokratischen Demokratie, in der jeder Mensch mit seiner Stimme Teil der Demokratie und Teil von demokratischen Prozessen ist. Und ja, wir wollen feiern, weil wir das Absurde geschafft haben, über 130’000 Unterschriften zu sammeln, um laut und deutlich und gemeinsam darauf aufmerksam zu machen, dass die Zukunft demokratisch ist, und das ist nur möglich, wenn die Mehrheit bereit ist, ihr wohlig wärmendes Suprematie-Denken aufzugeben.

 

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Discorso di Agnese Zucca sulla presentazione dell'iniziativa per la democrazia

Action Quatre Quarts
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Agnese Zucca, Co-Präsidentin Aktion Vieriviertel

 

Ce l’abbiamo fatta.
Negli ultimi 50 anni, da Schwarzenbach in poi siamo stati chiamati alle urne 13 volte per esprimerci su
iniziative volte a limitare l’immigrazione o i diritti di chi ha un presente o un passato migratorio. Oggi è
una giornata storica. Per la prima volta dal 1977, con l’iniziativa Mitenand, depositiamo un’iniziativa
popolare che invece si batte per l’espansione dei diritti dei migranti e delle migranti e di tutte le
persone che qui sono a casa.
Lo ripetiamo da 18 mesi – si tratta un quarto della popolazione, due milioni di persone che ad oggi
non vengono considerate come membri a pieno titolo della società perché sprovviste del passaporto
elvetico. Et il ne s’agit pas seulement d’exclusion des processus démocratiques, de la possibilité de
pouvoir s’exprimer sur des sujets par lesquels ces personnes – tout aussi comme ceux et celles d’entre
nous qui peuvent voter – sont concernées. Si tratta anche di avere la sicurezza di poter restare. Di non
dover temere di vedere il proprio permesso di soggiorno declassato, o ritirato, a causa di difficoltà
economiche. Il s’agit de pouvoir voyager et se déplacer en toute liberté et d’avoir la liberté de
retourner dans ce qui est son propre pays, sa propre maison.
La nostra società cambia, ma il mondo politico non reagisce, resta indietro. Nous avons reculé au lieu
d’avancer. Nos procédures de naturalisation restent discriminatoires et souvent arbitraires. Les
rapports montrent qu’on devient toujours plus sélectifs, en fonction de l’origine et de la condition
sociale et économique. Al contempo, il 40% della popolazione di questo paese ha un passato
migratorio, addirittura il 60% se consideriamo le popolazioni più giovani. Quella di cui stiamo parlando
non è solo la Svizzera del futuro. È la Svizzera di oggi. Ed era la Svizzera già ieri. Celle dont nous parlons
n’est pas que la Suisse de demain. C’est la Suisse d’aujourd’hui. Et c’était déjà la Suisse d’hier.
Dobbiamo adattare la nostra democrazia alla realtà e includere tutte le persone che contribuiscono
ogni giorno al benessere di questa società, e non soltanto a quello economico, un benessere da cui
alcuni continuano a volerle escludere. Un benessere che costruiscono, ma che in qualche modo non
gli appartiene.
Oggi scriviamo un pezzo di storia. Et si nous sommes arrivés ici, si on a franchi cette étape, c’est
surtout grâce à l’incroyable effort de nos militantes qui sont descendues dans les rues, qui n’ont rien
lâché pendant ces 18 mois. Je les remercie du fond du coeur, tout comme mes collègues d’Action
Quatre Quarts et tous ceux et celles qui se sont battus de nos côtés.
La battaglia è ancora lunga, ma oggi fermiamoci a celebrare.

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Rede von Arbër Bullakaj zur Einreichung der Demokratieinitiative

Action Quatre Quarts
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Arbër Bullakaj, Co-Präsident Aktion Vierviertel

 

Einreichung der Demokratie-Initiative ist eine historische Wende

Sehr verehrte Mitmenschen,
Liebe Zufalls-Schweizer:innen, verifizierte und zertifizierte Schweizer:innen, zukünftige
Schweizer:innen,
Liebe vielfältige Schweiz,
Geschätzte Anwesende,
Liebe Demokratie-Begeisterte und Menschenrechtler:innen,

Buongiorno, Bonjour, Guten Morgen!

Wir stehen heute vor dieser beeindruckenden Unterschriftenwand – ein Symbol für die Initiative und für die Vielfalt und Stärke der Schweizer Bevölkerung. Es war ein langer, steiniger Weg, der uns allen viel abverlangt hat. Und dennoch stehen wir heute hier, nicht nur mit über 135’000 Unterschriften, sondern auch mit einem klaren Zeichen für Veränderung und Fortschritt.

Der Weg zu dieser Volksinitiative war alles andere als selbstverständlich. Viele haben uns gewarnt: Ein kleiner, zivilgesellschaftlicher Verein wie unserer könne ein solches Vorhaben nicht stemmen. Ohne die grossen Parteien und Gewerkschaften, die den grössten Teil der Unterschriften stemmen, hiess es, sei es unmöglich, genügend Unterschriften zu sammeln. «Verschiebt es lieber», sagten sie, «es ist zu riskant».

Doch wir haben daran geglaubt. Wir haben an die Vision geglaubt, dass sich genug Menschen unserer Sache anschliessen würden. Und wir haben an unsere Verpflichtung geglaubt, für über zwei Millionen Menschen in diesem Land einzustehen, die längst mehr Fairness und Gerechtigkeit verdienen.

Sechs Zahlen stehen sinnbildlich für diesen Prozess: 1, 2, 3, 4, 5 und 1000.

1:
Wir sind die einzige progressive Bürgerrechts- und Migrationsinitiative der Schweiz. Seit über 50 Jahren ist keine vergleichbare Initiative lanciert worden. Und wir sind die einzigen, die das mit einem kleinen Verein, der sich zu einer lebendigen Bewegung entwickelt hat, gestemmt haben. Heute haben wir Geschichte geschrieben!

2:
Die Zwei war unser treuer Begleiter. Zwei Jahre intensiver Arbeit an unserem Manifest und an der Vereinsstruktur, zwei weitere Jahre für die Ausarbeitung der Initiative, und schlussendlich zwei Jahre für die Vorbereitung und Umsetzung der Unterschriftensammlung.

3:
Jetzt, nach der Einreichung, kann es bis zu drei Jahre dauern, bis die Initiative zur Abstimmung kommt. Aber das ist keine Zeit zum Warten – es ist eine Zeit zum Handeln. Wir werden die Bevölkerung weiter sensibilisieren, informieren und aufklären über die Hürden und die Willkür, die so viele Menschen im Einbürgerungsprozess erleben.

4:
Die Vier steht für die vier Landessprachen der Schweiz und für die Vision einer Vierviertel-Schweiz, die unseren Verein Aktion Vierviertel antreibt. Unser Ziel ist ein Paradigmenwechsel im Bürger:innenrecht – eine Chance, endlich eine vollwertige Vierviertel-Demokratie zu schaffen.

5:
Die Fünf symbolisiert ein High Five für jede einzelne Person, die diese Initiative möglich gemacht hat: Menschen, die Tag für Tag bei Sonne, Regen, Kälte oder Dunkelheit Unterschriften gesammelt haben. Ihr seid einfach grossartig!

1000:
Ich stehe hier vor euch mit Demut und Dankbarkeit. Tausendfacher Dank gebührt all jenen, die uns unterstützt haben:
– Den Mitgliedern, die unseren Verein tragen und vorantreiben.
– Dem Initiativkomitee, das unermüdlich mit uns gearbeitet hat.
– Unseren Partnern: SP, Grüne, Operation Libero, Wecollect, Juso und Junge Grüne und Gewerkschaften.
– Den weiteren NGO’s, kirchlichen Organisationen und Unterstützern.
– Meinem Vorstand, mit dem wir unzählige Stunden diskutiert, debattiert und vor allem wertvolles erschaffen haben.
– Meinen Co-Präsidentinnen Nadra Mao und Agnese Zucca für die aussergewöhnlich tolle Zusammenarbeit.
– Den Menschen mit und ohne Schweizer Pass, die uns unterstützen – jetzt und im kommenden Abstimmungskampf.
– Und allen, die Willkür erlebt, aber nie aufgegeben haben. Euer Mut und eure Beharrlichkeit inspirieren uns und geben unserer Arbeit Sinn.

Liebe Anwesende,
dieser Moment gehört uns allen – denen, die hier leben, hier mitwirken und mitgestalten wollen. Die Demokratie-Initiative ist ein Symbol dafür, dass Demokratie ein lebendiger Prozess ist, den wir alle aktiv gestalten müssen.

Lasst uns diesen Schwung mitnehmen und weiter für eine Schweiz kämpfen, in der jede Stimme zählt, jede:r gehört wird und die Demokratie eine Kraft ist, die verbindet.

Vielen Dank!

Rede Arber Bullakaj Einreichung Demokratie-Initiative – Bern 21.11.2024

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