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Das Bürgerrecht: Eine fundamental wichtige Frage für die Zukunft der Schweiz

Dinnova
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EKM-Jahreskonferenz 2025

Ich möchte beginnen mit einem Rückblick auf das letzte halbe Jahrhundert Bürgerrechtsgeschichte. Ich habe sie von nahem verfolgt, manchmal auch als direkter Akteur. Die neuere Geschichte des Schweizer Bürgerrechts ist geprägt von einem ständigen Auf und Ab, von Fortschritten und grossen Rückschlägen. Ich werde mich auf die wichtigsten Etappen beschränken und mich anschliessend den aus meiner Sicht zentralen Fragen für die Zukunft zuwenden.

1982, vor über vier Jahrzehnten, unternahm der Bundesrat, der verantwortliche Justizminister war damals Kurt Furgler, einen ersten Versuch, jungen, in der Schweiz aufgewachsenen Ausländerinnen und Ausländern eine erleichterte Einbürgerung zu ermöglichen. Die Vorlage scheiterte in der Volksabstimmung im Verhältnis von 45% zu 55%. Aber hören Sie, wie der Bundesrat, wie Bundesrat Furgler, in seiner Botschaft damals argumentierte:

«Hier aufgewachsene Ausländer sind dank des Besuchs schweizerischer Schulen mit unseren Gegebenheiten weitgehend vertraut und nur den Papieren nach Ausländer. Ihre volle Eingliederung in die schweizerische Gesellschaft ist mit allen Mitteln zu fördern. Nur so kann verhindert werden, dass sie mangels politischer Mitwirkungsmöglichkeiten in eine menschlich und vor allem auch staatspolitisch unerwünschte Isolation gedrängt werden. Auch wenn die jungen Ausländer versuchen, es in allen Dingen ihren schweizerischen Altersgenossen gleichzutun, fühlen sie sich als Sondergruppe. Dieses Gefühl wird noch dadurch verstärkt, dass sie es bei dieser oder jener Gelegenheit zu spüren bekommen, dass sie Ausländer sind.»

Der Bundesrat sprach sich damals entschieden für die erleichterte Einbürgerung von Angehörigen der sogenannten zweiten Generation aus. Auch wenn die Sprache von damals in ihrem paternalistischen Gestus veraltet sein mag: Beim heutigen Bundesrat sucht man vergeblich nach staatspolitischen und menschlichen Überlegungen in dieser Art. Lesen Sie nur die kürzlich publizierte Botschaft zur Volksinitiative «Für ein modernes Bürgerrecht». Das ist umso stossender, als heute viel mehr Menschen von unserem engherzigen Bürgerrecht betroffen sind als zur Zeit von Bundesrat Furgler.

Einen zweiten Versuch, der Zweiten Generation eine erleichterte Einbürgerung zu ermöglichen, machte der Bundesrat – für die Justiz zuständig war inzwischen Arnold Koller – 1994. Diesmal stimmten 53% der Schweizerinnen und Schweizer zu. Aber die Vorlage scheiterte am Ständemehr – nur noch am Ständemehr.

Zehn Jahre später, 2004, in der Zeit von Justizministerin Metzler, wurde eine dritte Vorlage abgelehnt. Diesmal von Volk und Ständen. Aber, und das ist der Unterschied zu heute: Jedes Mal stellte sich der Bundesrat mit Überzeugung hinter die Einbürgerungs-Vorlagen für die Zweite Generation.

Leider ganz anders heute: Für den heutigen Bundesrat ist die erleichterte Einbürgerung der zweiten, in der Schweiz aufgewachsenen, Generation kein Thema mehr. So sehr die «Demokratie-Initiative» «Für ein modernes Bürgerrecht» Anlass dazu geboten hätte. Dass das nicht geschehen ist, zeigt, wie gravierend sich die Verhältnisse in unserer Regierung inzwischen verschoben haben.

So viel zu den grossen Rückschlägen der letzten Jahrzehnte. Immer wieder gab es aber auch Fortschritte. Der mit Abstand wichtigste Fortschritt war eine Folge der Gleichstellung der Geschlechter, die endlich auch im Bürgerrecht nachvollzogen wurde. Zwar wurden ausländische Ehefrauen von Schweizern nun nicht mehr automatisch Schweizerinnen. Aber die Rechtslage für binationale Paare verbesserte sich klar, durch die geschlechtsunabhängig verankerte erleichterte Einbürgerung des Partners, der Partnerin, nach fünf Jahren. Dadurch wurde ein Rechtsanspruch auf Einbürgerung verankert. Die praktische Bedeutung dieser Verbesserung ist enorm. Rund 40 Prozent der Ehen werden heute binational geschlossen.

Zu den positiven Entwicklungen im Bürgerrecht gehört auch, dass das Verbot der doppelten Staatsangehörigkeit Anfang der neunziger Jahre abgeschafft wurde. Hier gehörte die Schweiz im europäischen Vergleich für einmal zu den Vorreiterinnen. Ich erinnere mich gut daran, wie dieser Fortschritt zustande kam. In einer ersten Runde der Beratung der damals hängigen Vorlage zum Bürgerrecht in der nationalrätlichen Kommission, in der es um andere Fragen ging, war mein Antrag auf Streichung noch chancenlos. Vor der zweiten Runde machten sich der Gewerkschaftsbund und der Arbeitgeberverband in einer gemeinsamen Eingabe für die Abschaffung des Verbots des doppelten Bürgerrechts stark. Bundesrat Koller schloss sich dem Anliegen der Sozialpartner an, worauf die Mehrheit beider Räte die Streichung beschloss. Die damals im Vordergrund stehende europapolitische Debatte wirkte sich positiv aus. Ein Referendum war kein Thema, die Gegner waren vollauf beschäftigt mit ihrem Kampf gegen den EWR.

Zu den Errungenschaften dieser Jahrzehnte gehört auch die Öffnung des Rechtswegs gegen willkürlich verweigerte Einbürgerungen bis hin zum Bundesgericht. Wegweisend dafür waren die Fälle Emmen und Rheineck. Daraus ergab sich zwar kein Rechtsanspruch auf Einbürgerung, aber doch ein Anspruch auf Schutz vor Diskriminierung. Im Fall Emmen hob das Bundesgericht den diskriminierenden negativen Entscheid auf, der sich ausschliesslich gegen Personen aus Ex-Jugoslawien gerichtet hatte. Im Falle Rheineck führte die Beschwerde in einer analogen Konstellation dazu, dass das Bundesgericht erstmals anordnete, dass die Betroffenen eingebürgert werden mussten. Dies, nachdem sich die Mehrheit der Bürgerversammlung trotz Aufhebung des diskriminierenden ersten Entscheids geweigert hatte, die Diskriminierung zu beseitigen.

Die beiden Entscheide Emmen und Rheineck waren ein grosser Fortschritt im Einbürgerungsrecht. Diese beiden Entscheide des Bundesgerichts spiegeln aber nur, mit welcher Willkür und welchen Schwierigkeiten Einbürgerungswillige im Einbürgerungsverfahren immer wieder konfrontiert sind. Die Schweizer Stimmbevölkerung stützte die Entscheide des Bundesgerichts gegen Diskriminierung. Die SVP-Initiative, die Willkürentscheide von Gemeinden verfassungsmässig abstützen wollte – die Initiative hiess «für demokratische Einbürgerungen» – wurde mit grossem Mehr abgelehnt.

Zwiespältige Auswirkungen haben zwei Gesetzesrevisionen der jüngeren Zeit. Für die Dritte Generation wurde dank eines Vorstosses von Nationalrätin Ada Marra endlich eine Verfassungsrevision für die erleichterte Einbürgerung in die Wege geleitet und von Volk und Ständen angenommen. Im Gesetz wurde das Versprechen dann allerdings so restriktiv umgesetzt, dass die Effekte lächerlich klein bleiben. Unter anderem durch eine willkürliche Altersgrenze von 25 Jahren, bis zu der die erleichterte Einbürgerung längstens beantragt werden kann.

Die letzte Revision des Bürgerrechtsgesetzes von 2018 verkürzte zwar die Wohnsitzpflicht von zwölf auf zehn Jahre. Aber gleichzeitig wurden die Hürden erhöht, indem neu die Niederlassungsbewilligung C zwingend vorausgesetzt wird. Und die sprachlichen Anforderungen wurden in der Praxis dermassen verschärft, dass viele Zugewanderte ohne tertiäre Bildung faktisch keine Chance auf Einbürgerung mehr haben. Daraus erwächst eine gegenüber früher noch verschärfte soziale Diskriminierung. Wer nicht über eine höhere Schulbildung verfügt und manuelle Arbeit zum Beispiel auf dem Bau oder in der Reinigung verrichtet, kommt kaum mehr über die immer höheren formellen Anforderungen. Auch die teilweise grotesken Einbürgerungstests sind schikanös, wie die Praxis zeigt. Der Ungeist der «Schweizermacher», bis heute der erfolgreichste Schweizer Film aller Zeiten, ist an manchen Orten noch immer makabre Realität.

Die grössten Verschlechterungen der letzten Jahre aber sind entstanden durch die in der jüngeren Geschichte präzedenzlose Prekarisierung der Aufenthaltsrechte für die in der Schweiz geborene und hier aufgewachsene Zweite und Dritte Generation. Durch die neuere Praxis der Gerichte bei Delikten hat sich ihre Situation massiv verschlechtert. Noch in den neunziger Jahren wäre es unvorstellbar gewesen, dass hier geborene oder aufgewachsene Ausländerinnen und Ausländer, also Inländerinnen und Inländer ohne Pass, bei Delikten einfach abgeschoben würden. In ein Land, das ihnen oft gänzlich fremd ist. Genau das passiert heute aber regelmässig. Dies trotz der Härtefallklausel im Gesetz, die ausdrücklich Secondos und Secondas schützen sollte. Bei diesen Verschärfungen beruft sich das Bundesgericht auf den sogenannten «Volkswillen»: Gemeint ist damit die Annahme der SVP-«Ausschaffungsinitiative» in der Volksabstimmung. Es sind also rein politische und nicht rechtliche Argumente. Dabei blendet das Bundesgericht vollständig aus, dass die gleiche Stimmbevölkerung wenige Jahre später die SVP-«Durchsetzungsinitiative», die sich gegen die Härtefallklausel richtete, mit menschenrechtlichen Argumenten klar verworfen hat. Für die für die Verschärfungen verantwortliche Abteilung des Bundesgerichts, die strafrechtliche Abteilung, hat auch die EMRK bis heute kaum einen Stellenwert.

Die Landesverweisung von Angehörigen der Zweiten und Dritten Generation – oft sind es Drogenabhängige mit einer Jahrzehnte langen Krankheitsgeschichte –, ist ein Unrecht, das das Gewissen der Schweiz in Zukunft noch plagen wird.

Gefährdet ist die Aufenthaltssicherheit langjährig hier Ansässiger ohne Schweizer Pass auch, weil das Aufenthaltsrecht zunehmend davon abhängt, dass jemand nicht sozialhilfeabhängig wird. Viele verzichten heute wegen berechtigter Angst vor dem Verlust der Aufenthaltsbewilligung auf Hilfe für sich und ihre Kinder, auch wenn sie dringend nötig wäre. Ob die vom Parlament in einer ersten Runde gutgeheissene parlamentarische Initiative «Armut ist kein Verbrechen» dem Einhalt gebieten kann, ist derzeit ungewiss.

Dass das Aufenthaltsrecht in der Schweiz auch bei Verwurzelung oder Geburt im Land in den letzten Jahren stark prekarisiert worden ist, ist die Folge ständiger ausländerfeindlicher Kampagnen. Damit rückt die ursprüngliche Funktion des Bürgerrechts, nämlich Aufenthaltssicherheit zu schaffen, plötzlich wieder in den Vordergrund. Nur das Bürgerrecht schafft letztlich Schutz vor Ausweisung und sichert damit das Aufenthaltsrecht.

 

Lassen Sie mich nach diesem Überblick über die letzten Jahrzehnte zu den grundsätzlichen Fragen kommen, die sich heute stellen. Ende 2024 zählte die Schweiz gut neun Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Fast zweieinhalb Millionen davon haben keinen Schweizer Pass. Das sind mehr als 27 Prozent der Bevölkerung, mit steigender Tendenz.

Die Zunahme der Schweizer Wohnbevölkerung ist ein Spiegel des wirtschaftlichen Erfolgs. Das lässt sich durch einen Vergleich mit Österreich illustrieren. Die österreichische Wohnbevölkerung war vor 100 Jahren doppelt so gross wie jene der Schweiz. Heute leben in der Schweiz fast gleich viele Menschen wie in Österreich. Die beiden Länder hatten in den letzten 100 Jahren eine stark unterschiedliche wirtschaftliche Dynamik. Dass die Schweizer Wohnbevölkerung in den letzten Jahrzehnten so stark gewachsen ist, hat mit ihrem wirtschaftlichen Erfolg zu tun.

Dass ein immer grösserer Teil der Schweizer Wohnbevölkerung keinen Schweizer Pass hat, ist demgegenüber eine Folge des restriktiven Einbürgerungsrechts. Kein anderes Land kennt ein so kompliziertes dreistufiges Einbürgerungsverfahren von Gemeinde, Kanton und Bund. Die dominante Rolle der Gemeinden stammt aus Zeiten, als die Verantwortung für die Armen, die Armengenössigen, bei den Gemeinden lag. Menschen, die in die Armut abstürzten, konnten jederzeit in die Heimatgemeinde abgeschoben werden, egal wie lange sie an einem anderen Ort gelebt hatten. Dieser unwürdige Zustand, die unselige Verschränkung des Armenrechts mit dem Gemeindebürgerrecht, ist seit 1977 vorbei. Keine Schweizerin, kein Schweizer muss heute mehr befürchten, wegen Armut in die Schweizer Heimatgemeinde abgeschoben zu werden. Ist die Heimatgemeinde aber nicht mehr für die Sozialhilfe zuständig, so entfällt auch dieser Grund für eine restriktive Einbürgerungspolitik.

Dass mehr als ein Viertel der Schweizer Wohnbevölkerung kein Bürgerrecht hat, stellt für ein Land, das sich als Demokratie versteht, konkret als die zweitälteste Demokratie der Welt, grundsätzliche Fragen. Michael Walzer, einer der wichtigsten politischen Philosophen der Gegenwart, hat sich in seinem Schlüsselwerk «Sphären der Gerechtigkeit» mit genau diesen Fragen beschäftigt. Er kommt zum Schluss, dass politische Gerechtigkeit, in einer Demokratie, dauerhaftes Ausländertum nicht zulässt. Eine Demokratie, die wirtschaftlich auf Immigrantinnen und Immigranten baut, muss diese einbeziehen, ihnen Wege zur Zugehörigkeit eröffnen. Der Schlüssel dazu ist das Bürgerrecht. Für gleiche und vollwertige Rechte. Eine Demokratie muss alle einschliessen, die dauerhaft zur Wohnbevölkerung zählen.

Die Schweiz kommt nicht darum herum, sich mit dieser Frage ernsthaft auseinanderzusetzen. Die «Demokratieinitiative» «Für ein modernes Bürgerrecht» stellt sie erstmals in Form einer Volksinitiative.

Die Initiative fordert, die Wohnsitzfrist für das Bürgerrecht auf fünf Jahre herabzusetzen. Diese Forderung ist keineswegs utopisch.

Sie ist es schon deshalb nicht, weil die Fünfjahresfrist in Europa verbreitet, nahezu Standard ist. Auch für die Schweiz wäre sie nichts Neues. Im 19. Jahrhundert galten kurze Wohnsitzfristen, zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren fünf Jahre die Regel. Albert Einstein wurde innert fünf Jahren Schweizer Bürger. Nur deshalb ist er ein Schweizer Nobelpreisträger.

Die starke Verengung des Zugangs zum Bürgerrecht ist eine neuere Erscheinung. Sie ist das Ergebnis von Entwicklungen im Lauf des 20. Jahrhunderts. Der Zugang zum Schweizer Bürgerrecht wurde nach dem ersten Weltkrieg stark erschwert, zu einer Zeit also, als die Zuwanderung in die Schweiz tief war. Im 19. Jahrhundert sah man das anders. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als die Schweiz im wirtschaftlichen Boom erstmals zum Einwanderungsland wurde und die Städte teils höhere Ausländerzahlen aufwiesen als heute, wurde die Einbürgerung offensiv gefördert.

Die Einbürgerungspolitik hängt wie kaum ein anderes Politikfeld mit dem Selbstbild der Schweiz zusammen. Eine ethnisierte, abstammungsorientierte Vorstellung von dem, was die Schweiz ausmacht, führt tendenziell zu einem restriktiven Bürgerrecht. Wer sich hingegen an der realen Vielfalt der sich ständig wandelnden Zusammensetzung der Schweizer Wohnbevölkerung orientiert, muss auch für die Öffnung des Zugangs zum Bürgerrecht eintreten.

Auch da lohnt der Blick zurück. Im 19. Jahrhundert, im Zeitalter der Nationenbildung, musste sich der junge Schweizer Bundesstaat gegen die dominierende Vorstellung abgrenzen, wonach eine Nation sprachlich, ethnisch und kulturell homogen sein müsse. Die Schweiz mit ihren verschiedenen Sprachen und Kulturen hingegen begründete ihre Existenz staatspolitisch und nicht ethnisch: mit der Orientierung an gemeinsamen Werten wie Freiheit, Demokratie und Pluralismus. Exemplarisch dafür stehen die Schriften des damals führenden Staatsrechtlers Carl Hilty. Diese wegweisende Sichtweise eröffnet Perspektiven auch für die Zukunft. Sie versteht die Vielfalt der Bevölkerung positiv und bezieht alle ein, die dauerhaft hier leben.

Vieles spricht dafür, dass die Voraussetzungen für eine Weiterentwicklung des Bürgerrechts besser sind als es der politische Rückblick auf die letzten Jahrzehnte vermuten lässt. Die Schweiz kann aufbauen darauf, dass die wirtschaftliche und die soziale Integration über alles gesehen erfolgreich war. Unser System der Berufsbildung mit grosser Durchlässigkeit, und insbesondere auch die Gewerkschaften haben dazu wichtige Beiträge geleistet. In den beiden grössten Gewerkschaften der Schweiz, der Unia und der Syna, spielen Migrantinnen und Migranten und ihre Nachkommen eine tragende Rolle. Die gesellschaftliche Integration hat sich in der Schweiz stark entwickelt, insbesondere dank vielfältigen Kräften der Zivilgesellschaft, darunter auch die Migrantinnen und Migranten und ihre Organisationen. Exemplarisch und für alle sichtbar ist der Fussball ein Spiegel der Vielfalt dieser realen Schweiz. Nun muss politisch das nachvollzogen werden, was wirtschaftlich und gesellschaftlich längst Realität ist.

Ansatzpunkte gibt es viele. Angefangen beim ius soli, dem Bürgerrecht für Kinder, die in der Schweiz geboren werden und deren Eltern hier dauerhaft leben. Kinder also, die hier aufwachsen und deren reale Heimat die Schweiz ist, unabhängig vom Pass ihrer Eltern. Die Schweiz muss endlich beginnen, ernsthaft über diese Forderung nachzudenken. Schon Ende des 19. Jahrhunderts gab es politische Vorstösse dafür, dann wieder 1967. Notabene von freisinnigen National- und Ständeräten. Auch wenn diese Vorstösse später in Schubladen verschwanden, lässt sich daran anknüpfen.

Man könnte auch kühner denken. Gegen eine halbe Million der fast zweieinhalb Millionen hier lebenden Menschen mit ausländischem Pass sind in der Schweiz geboren. Warum nicht all diesen Menschen, in einer grossen Aktion, die Möglichkeit zum Schweizer Pass eröffnen, unbürokratisch, ohne Hürden? Sie gehören doch schon längst, Zeit ihres Lebens, zur Schweiz. So eine grosse, in einem positiven Sinne patriotische Geste, würde vieles ändern, zum Guten.

Überfällig ist es, die Forderung nach der erleichterten Einbürgerung wieder aufzunehmen. Der Bundesrat ist heute, im Gegensatz zu seinen Vorgängern, dazu leider nicht imstande. Im Parlament wird eine neue Auseinandersetzung darüber fällig.

Vor diesen Fragen kann sich die politische Schweiz nicht mehr drücken. Das ist das Verdienst der «Demokratie-Initiative» «für ein modernes Bürgerrecht». Die Initiative wird stark von Secondos und Secondas getragen, die damit unübersehbar selbst zum politischen Subjekt werden. Die Initiative stösst, endlich, die überfällige Debatte über die Zukunft des Bürgerrechts wieder an. Und damit verbunden eine Auseinandersetzung über die Zukunft der Schweizer Demokratie.

Die zusammen mit der Botschaft über die Demokratie-Initiative vorgelegten Berichte zeigen, wie krass sich heute die realen Einbürgerungschancen von Kanton zu Kanton und von Gemeinde zu Gemeinde unterscheiden. Dabei leben wir in der gleichen Schweiz, im selben Bundesstaat, in derselben Demokratie. Es kann und darf doch nicht sein, dass die Chance, Schweizerin oder Schweizer zu werden, davon abhängig ist, wo man geboren wird und wo man lebt. Schon die erste Bundesverfassung von 1848 erklärte, dass die Vorrechte des Orts und der Geburt abgeschafft sind. Das muss endlich auch im Bürgerrecht so werden.

Diese Diskussionen sind überfällig. Die Gemeinden und die Kantone dürfen allerdings nicht warten, bis sich die Rechtslage auf Bundesebene verbessert. Die Gemeinden und Städte sind heute der Ort, wo alles beginnt. Für die Betroffenen ist es in der Praxis ein gewaltiger Unterschied, ob man ihnen signalisiert, dass man sie nicht will, wie es leider manchenorts geschieht. Oder ob man auf sie zugeht und sie einlädt, sich einzubürgern, sobald sie die Voraussetzungen dafür erfüllen. Die Erfahrungen der Gemeinden und Städte, die auf die Betroffenen zugehen, insbesondere auf die Jungen, die vor Ort aufgewachsen und zur Schule gegangen sind, sind jedenfalls sehr positiv.

Beim Bund gibt es nur schon, was die heutige Praxis betrifft, einen grossen Nachholbedarf. Das beginnt bei der Beschleunigung der Verfahren, die heute auch auf Bundesebene viel zu lange dauern. Und der jüngste Bundesgerichtsentscheid im Einbürgerungsrecht zum Gastwirt aus Arth-Goldau hat gezeigt, dass die Weisungen des Bundes nicht auf der Höhe der rechtsstaatlichen Standards und viel zu restriktiv sind. Diesem Gastwirt, der sonst alle Voraussetzungen einwandfrei erfüllte, wurde die Einbürgerung von den Bundesbehörden einzig deshalb verweigert, weil ihm am Steuer fahrlässig ein Selbstunfall unterlaufen war. Das Bundesgericht, hier war es die I. öffentlich-rechtliche Abteilung, hiess seine Beschwerde gut. Die rechtsstaatlichen Standards würden eine Gesamtwürdigung des Falles verlangen. Es ist mir ein Rätsel, weshalb das zuständige Departement die zu restriktiven Weisungen trotz des Bundesgerichtsentscheids bis heute nicht verbessert hat. Und es zulässt, dass seine Beamten, wie im fraglichen Verfahren geschehen, noch immer einer politisch gewollten Verschärfung der Einbürgerungspraxis das Wort reden.

Zum Schluss: Wir stehen bei der Einbürgerung vor der grossen Aufgabe, einen neuen Zyklus einzuleiten. Für die vielen Menschen, die zur Schweiz, zu unserer Gesellschaft gehören und doch nicht über die vollen Rechte verfügen. Das Bürgerrecht ist im Sinne von Hannah Arendt ein fundamentales Recht auf Rechte. Ein Recht, das die Voraussetzung für weitere Rechte ist: Aufenthaltsrechte, politische Rechte.

Es geht um die Zukunft der Schweiz, unserer Gesellschaft, unserer Demokratie. Demokratie heisst, dass alle, die zur ständigen Wohnbevölkerung zählen, einbezogen werden. Damit das möglich wird, braucht es eine neue Bewegung im Bürgerrecht. Die Erfahrung lehrt, dass sie nicht von selbst zustande kommt. Es ist die Verantwortung der heute politisch aktiven Generationen, die Weichen für die Zukunft zu stellen. In diesem Sinne möchte ich Sie auffordern, da, wo Sie Ihre Möglichkeiten dazu sehen, aktiv zu werden.

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Ein Labor für Demokratie und Freiheit

Action Quatre Quarts
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Auf dem Weg zum Bundesstaat von 1848 war der Kanton St.Gallen ausschlaggebend. Das politische Denken wies weit über die Schweiz hinaus.

1848 ist das Schlüsseljahr für die moderne Schweiz. 1848 war auch ein Schlüsseljahr für Europa. In ganz Europa gab es damals Bewegungen und Revolutionen für Freiheit und Demokratie. Nur in der Schweiz war diese Revolution erfolgreich. Überall sonst setzten sich am Schluss die Reaktionäre durch, die Kaiser, die Könige.


Die Schweiz war damals, vor 175 Jahren, der politische Herzschlag Europas. Für die Demokratie. Für die Freiheit.

Das passte den Mächtigen, den Herrscherhäusern in Europa nicht. Aber sie waren damit beschäftigt, die Revolutionen in ihren eigenen Ländern niederzuschlagen. Als sie sich durchgesetzt hatten, war die moderne Schweiz schon gegründet: Die neue Bundesverfassung, der Bundesstaat von 1848. Für eine Intervention der reaktionären Mächte war es zu spät.

Keine andere staatliche Ordnung in Europa, kein anderer Staat weltweit ist in den letzten 175 Jahren so stabil geblieben. Mit Ausnahme der USA – die amerikanische Demokratie ist noch älter, sie stammt von 1776. Das amerikanische Zweikammersystem war das Vorbild für das schweizerische Zweikammersystem.

Dass der Bundesstaat 1848 gegründet werden konnte, war nicht selbstverständlich. Nicht nur im Vergleich mit den anderen europäischen Ländern. Vor 1848 lagen 50 turbulente Jahre, beginnend mit der Helvetik, ohne die der Bundesstaat wohl nicht möglich geworden wäre. Politisch blieb in diesen fünf Jahrzehnten kein Stein auf dem anderen. Vieles war überraschend, unvorhersehbar.

In der Schweizer Geschichtsschreibung sind die fünf Jahrzehnte zwischen 1798 und 1848 auch schon als die «50 leeren Jahre» bezeichnet worden. Das ist aber vor allem ein Problem der Geschichtsschreibung. In der Realität waren diese Jahrzehnte alles andere als leer.

Das gilt gerade für den Kanton St.Gallen. Er spielte eine wichtige Rolle für den Sieg von Freiheit und Demokratie. St.Gallen war als sogenannter Mediationskanton ein Kunstgebilde aus verschiedenen Regionen, die keine gemeinsame Geschichte hatten. Aber gerade darum war St.Gallen vielleicht beispielhaft für die moderne Schweiz: Weil sich der Kanton St.Gallen nach der Mediation von 1803 aus dem Nichts neu erfinden musste.

Was war die alte Eidgenossenschaft vor 1798, also vor dem Einmarsch der Franzosen? Nichts anderes als ein Bündnis von ländlichen und städtischen Orten, die sich grössere Teile der heutigen Schweiz als Untertanengebiete teilten. Auch grössere Teile des heutigen Kantons St.Gallen gehörten dazu. 1798 wurden die Landvögte der alten Orte unter dem Jubel der Bevölkerung davongejagt.

Für die Schweiz war die sogenannte Franzosenzeit eine schwierige Zeit. Aber als Napoleon auf dem Schlachtfeld von den alten Mächten besiegt worden war, wollten die alten Orte, unter Einschluss des Fürstabts von St.Gallen, ihre Untertanengebiete zurück. Ironie der Geschichte: Das wurde ihnen am Wiener Kongress ausgerechnet von den reaktionären Mächten verwehrt, die überall sonst die alte Ordnung in Europa wieder herstellten. Zu wichtig war den europäischen Mächten die politische Stabilität der Schweiz in der Mitte Europas, als dass sie diese wieder riskieren wollten. Die Stabilität war nur garantiert, wenn an der neuen Ordnung der Kantone nichts geändert wurde.

Das alles ermöglichte die entscheidende Rolle des Kantons St.Gallen in den Jahrzehnten vor 1848: St.Gallen wurde zu einem Labor für Demokratie und Freiheit.

Der Bundesverfassung von 1848 voraus gingen die Kämpfe um die sogenannten Regenerationsverfassungen in den Kantonen Anfang der 1830er Jahre. Sie waren europaweit aufsehenerregend. Am weitesten ging der Kanton St.Gallen mit der Einführung des sogenannten Volksvetos, dem Vorläufer des Referendums. Das war eine weltweite Premiere. Und der Erfolg einer Volksbewegung. Volksversammlungen in Altstätten, in Wattwil und in St.Gallenkappel hatten stürmisch eine neue Verfassung verlangt, aber «keine von oben herab, sondern von unten herauf».

Das erste Volksveto hatte zwar noch einen Geburtsfehler, indem die Nichtteilnehmenden als Ja-Stimmen gewertet wurden. Das änderte aber nichts daran, dass das Referendum von der politischen Idee zur politischen Realität wurde, zuerst in ein paar Kantonen, dann im Bund. Der Idee zum Durchbruch verhalfen Volksbewegungen, wie bei allen demokratiepolitischen Fortschritten.

St.Gallen stand damals nicht nur bei den direktdemokratischen Rechten an der Spitze. Dies galt, zusammen mit dem Thurgau, auch beim Wahlrecht. Fast überall galt sonst damals der sogenannte Zensus, das heisst das Wahlrecht stand nur den Vermögenden zu. Das allgemeine Wahlrecht zunächst der Männer musste erst einmal erkämpft werden.

Dank den direktdemokratischen Rechten, dem Referendum, der Volksinitiative, war die Schweiz im 19. Jahrhundert die weltweit führende Demokratie, bis sie diesen Spitzenplatz im 20. Jahrhundert verlor und wegen des gewaltigen Rückstands beim Frauenstimmrecht unter den Demokratien fast zum Schlusslicht wurde.

Das zweite Grossereignis der St.Galler Bewegung für Demokratie und Freiheit mit europäischer Ausstrahlung nach dem Volksveto war die Grosskundgebung vom 7. August 1836 in Flawil. 8000 Männer demonstrierten für die Verteidigung des Asylrechts, der Freiheit und des Selbstbestimmungsrechts. Die reaktionären Mächte in Europa hatten nicht länger hinnehmen wollen, dass die Schweiz revolutionäre Freiheitskämpfer aus ganz Europa beherbergte und ihnen Asyl gewährte. Als die Tagsatzung den massiven Drohungen der europäischen Monarchien nachgeben wollte, sorgten die Volksbewegungen, allen voran jene von Flawil, dafür, dass die Schweiz ein Hort der Freiheit und des Asylrechts blieb. Viele der freiheitlich gesinnten Flüchtlinge spielten für die Schweiz wirtschaftlich und politisch eine bedeutende Rolle.

Das dritte entscheidende Ereignis jener Jahre, mit dem St.Gallen zum Schicksalskanton für die moderne Schweiz wurde, war die Landsgemeinde des Bezirks Gaster vom 2. Mai 1847 in Schänis. Die Tagsatzung war nach der Gründung des Sonderbunds durch die katholischen Orte durch ein Patt blockiert. Jetzt kam alles auf den Kanton St.Gallen an. St.Gallen war ein mehrheitlich katholischer Kanton, in dem aber auch liberale Katholiken politisch eine grosse Rolle spielten. Nicht nur an der Tagsatzung, sondern auch im St.Galler Grossen Rat herrschte Stimmengleichheit, ein Patt.

Niemand hatte damit gerechnet, dass ausgerechnet der katholische Bezirk Gaster den Entscheid für die moderne Schweiz herbeiführen würde, hatte die Landsgemeinde doch vorher immer und auch nachher immer konservativ gewählt. Am 2. Mai 1847 aber setzten sich erstmalig und einmalig die liberalen Katholiken durch. Mit der Folge, dass die Mehrheitsverhältnisse im St.Galler Grossen Rat kippten. Und damit auch die Mehrheitsverhältnisse an der Tagsatzung. Mit dem Beschluss zur Auflösung des Sonderbunds und der militärischen Intervention war der Weg frei zur Bundesverfassung und zum Bundesstaat von 1848.

Der Bezirk Gaster war, als es darauf ankam, auf der Höhe der historischen Aufgabe. Gegen alle Wahrscheinlichkeiten wurde hier ein Weg nach vorne geöffnet. Die Landsgemeinde von Schänis, das heisst ihr unerwarteter Ausgang, war für die moderne Schweiz ein Glücksfall.

Was können wir aus diesem spannenden Stück Geschichte unseres Landes für die Gegenwart ableiten?

Auf dem Prüfstand steht wieder die Demokratie. Wenn wir im 19. Jahrhundert der Leuchtturm waren und im 20. Jahrhundert zum Schlusslicht wurden, weil die Männermehrheit den Frauen bis vor 50 Jahren das Stimm- und Wahlrecht verweigerte, dann muss es heute zu denken geben, dass wieder mehr als ein Viertel der ständigen Wohnbevölkerung von den politischen Rechten ausgeschlossen ist. Der Anteil der Ausgeschlossenen nimmt zu. Viele von ihnen sind hier geboren worden und aufgewachsen. Es braucht einen neuen demokratischen Aufbruch, wie jener im jungen Bundesstaat. Stark erschwert wurde der Zugang zum Bürgerrecht erst im Laufe des 20. Jahrhunderts, also in jüngerer Zeit.

Dass die Zusammensetzung unserer Bevölkerung vielfältiger geworden ist, ist dabei keine Schwäche, sondern eine Stärke. Nicht nur im Fussball, wo die Schweiz inzwischen klar über ihrer Gewichtsklasse spielt. Gesellschaftlich und wirtschaftlich kann sich die Schweiz bei der Integration der Wohnbevölkerung sehen lassen, auch im internationalen Vergleich. Politisch hinken wir hinterher. Die Volksinitiative der Aktion Vierviertel für eine neues Bürgerrecht will das ändern. Die Schweiz ist zu Recht stolz auf die demokratischen Rechte. Das verträgt sich nicht damit, dass mehr als ein Viertel von den politischen Rechten ausgeschlossen sind.

1848 war die Schweiz als erste Demokratie in Europa stark fortschrittsorientiert. Der Bundesstaat schuf die Grundlagen dafür, dass sich die Schweiz, früher ein armes Land, auch wirtschaftlich stark entwickelte. Das politische Denken der Gründergenerationen des Bundesstaats war nicht eng und engherzig, sondern weit und weitherzig. Sie verstanden sich in grösseren Zusammenhängen. Der Kampf für Demokratie und Freiheit wies über die Schweiz weit hinaus.

Wenn wir uns heute fragen, was für die Zukunft wichtig ist, dann geht es bei den natürlichen Lebensgrundlagen um Herausforderungen, die es in dieser Dimension überhaupt noch nie gab. Wie nie in der Menschheitsgeschichte zuvor sind die Lebensgrundlagen in wenigen Generationen so verändert worden, dass sich mit dem menschengemachten Klimawandel planetarische Fragen stellen. Diese Fragen übersteigen die Dimensionen des Nationalstaats bei weitem. Sie können nur weltweit angegangen werden. Umso wichtiger ist es, dass alle, auch wir in der privilegierten Schweiz, ihren Beitrag leisten. Wir werden uns in späteren Jahrzehnten die Frage gefallen lassen müssen, ob wir heute auf der Höhe der Aufgabe gewesen sind. Ob wir alles getan haben, um die Lebensgrundlagen künftiger Generationen zu sichern.

Die Bundesverfassung von 1848 hielt fest, dass mit den Untertanenverhältnissen «alle Vorrechte des Orts, der Geburt, der Familien oder der Personen» abgeschafft seien. Das Versprechen der Rechtsgleichheit war damals revolutionär. Es ist bis heute aktuell geblieben. Wenn die Menschen mit gleichen Rechten geboren werden, wenn es keine Untertanenverhältnisse und keine Vorrechte des Orts und der Geburt mehr gibt, dann misst sich das an den Lebensperspektiven der Menschen, den Chancen für alle.

Verkörpert sind diese in einem Bildungswesen, das allen Chancen eröffnet. Angefangen bei der öffentlichen Volksschule. Und in einem sozialen Rentensystem, wie es bei uns mit der AHV als Grundlage der Altersvorsorge weltweit wegweisend verankert wurde. Dem müssen wir Sorge tragen.

Die Erinnerung an die Geschichte des Bundesstaats ist kein Selbstzweck. Die Gründungsgeschichte schärft die Sinne dafür, dass auch wir, in unserer Zeit, uns auf der Höhe unserer Verantwortung bewegen müssen. Und daran denken, dass von den Entscheiden, die wir treffen, nicht nur wir, sondern auch zukünftige Generationen betroffen sind. Demokratie heisst, dass wir diese Verantwortung gemeinsam tragen.


Als Rede gehalten an der 1. August-Feier in Uznach.

Weiterführende Literatur:

  • Bruno Wickli, Politische Kultur und die «reine Demokratie», Verfassungskämpfe und ländliche Volksbewegungen im Kanton St.Gallen 1814/15 und 1830/31, St.Gallen 2006
  • Rolf Holenstein, Stunde Null, Die Neuerfindung der Schweiz 1848, Basel 2018
  • Theodor Curti, Zur Geschichte der Volksrechte, Die Wirkungen des Referendums in: Die Neue Zeit, XI. Jg., Nr. 40/1893 (den Hinweis verdanke ich Bruno Schoch)
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Communiqué de presse pour le 1er août

Action Quatre Quarts
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Courriel : kontakt@aktionvierviertel.ch

Berne, le 31 juillet 2023

Communiqué de presse pour le 1er août

Pour une Suisse tournée vers l’avenir

Feiertage sind gute Momente für Visionen – und gerade an jenem Tag, an dem die Eidgenossenschaft gefeiert wird, ist es an der Zeit, eine Vision für das Land zu entwickeln. Dazu gehört auch ein modernes Bürgerrecht. Aus diesem Grund hat die Aktion Vierviertel, ein breiter zivilgesellschaftlicher Zusammenschluss, im Frühsommer ihre Volksinitiative «Für ein modernes Bürgerrecht» – die Demokratie-Initiative – lanciert.

La Suisse exclut de la citoyenneté – et donc de la démocratie – un quart de sa population environ, avec une loi de la nationalité parmi les plus restrictives d’Europe. Même les propositions modérées proposées ces dernières années au parlement pour combler ce déficit n’ont pas trouvé de majorité: en juin dernier encore, le Conseil national a refusé quatre propositions des Vert’libéraux, par les voix de l’UDC, du PLR et du Centre. L’action quatre quarts a pour ambition d’opposer un récit de cohésion réaliste à une image surannée de la Suisse. Arbër Bullakaj, président de l’Action quart quarts: «Nous voulons une Suisse qui promeuve la diversité, qui protège les libertés personnelles de chaque habitant-e et qui avance vers l’avenir.»

Reconnaître les réalités

La société suisse est façonnée par la migration et la globalisation. Dans la rue, dans les associations locales, à l’école ou dans les entreprises, les personnes avec une histoire migratoire participent à faire notre pays. En 2019, 37,7% de la population avaient un arrière-plan migratoire, chez les enfants le taux se situe à 50%. «Nous vivons dans une société où les réalités de vie transnationales et les appartenances multiples sont un quotidien vécu et font le succès de la Suisse», selon Nadra Mao, membre du comité de l’initiative pour la démocratie. «Parallèlement, toutes ces personnes font quotidiennement l’expérience de discriminations – les clichés au sujet des Suisses et de leur mode de vie ne correspondent plus à la réalité de notre pays.»

Ce décalage conduit toujours plus de personnes à s’engager pour une Suisse ouverte, qui inclut chacune et chacun. L’Action quatre quarts prend donc la diversité de la société comme point de départ pour concevoir une Suisse qui reflète les valeurs de notre Constitution, qui est démocratique, libérale, solidaire, basée sur les droits fondamentaux et humains et socialement juste. «Nous reconnaissons ainsi que nous partageons toutes et tous une communauté de destin. Qui vit durablement ici doit aussi participer à forger notre pays», précise Agnese Zucca, également membre du comité d'initiative. 

Car un prochain jubilé approche, offrant une nouvelle occasion de réflexion: le 12 septembre, la Constitution suisse fêtera ses 175 ans. Il est donc grand temps d’écrire un nouveau chapitre de l’histoire de notre pays, qui permette réellement la participation. Et l’Action quatre quarts dessine à cette fin un droit de la nationalité moderne avec son initiative pour la démocratie.

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AIDE À LA COLLECTE DE SIGNATURES POUR LES DROITS DES FEMMES

Action Quatre Quarts
Lokalkomitee Aarau2

Première journée nationale de collecte lors de la grève féministe

Aide-nous à récolter des signatures pour l'initiative Démocratie lors de la grève féministe de ce mercredi. Druck hier den Bogen aus ou rencontre unsere Lokalkomitees à la grève - chaque signature compte. Depuis plus de 100 ans, la lutte pour un droit du citoyen:intérieur équitable est finalement aussi une lutte pour les droits des femmes :

  • Jusqu'à la seconde moitié du siècle dernier, les femmes qui vivaient en concubinage avaient peu de chances d'obtenir la naturalisation.
     
  • Les femmes qui n'avaient pas d'emploi ou qui vivaient dans des conditions financières difficiles rencontraient les mêmes difficultés.
     
  • Jusqu'en 1978, les femmes qui épousaient un homme sans passeport suisse risquaient de perdre leur passeport suisse. L'inverse n'était pas vrai !
     
  • Jusqu'en 1992, les femmes n'avaient pas le même droit de transmettre leur nationalité suisse à leurs enfants que les hommes possédant un passeport suisse.
     
  • Jusqu'à l'adoption du mariage pour tous, les personnes sans passeport suisse qui vivaient en partenariat homosexuel avec une Suissesse n'avaient pas la possibilité d'obtenir une naturalisation facilitée.

Mais la discrimination des femmes dans la citoyenneté suisse est encore une réalité aujourd'hui. Les femmes qui travaillent dans des secteurs précaires ou qui effectuent plus souvent que les hommes des tâches de soins non rémunérées ont des difficultés particulières à se faire naturaliser. Les demandes de naturalisation de femmes touchées par la pauvreté, en particulier celles provenant de pays d'Europe de l'Est et du Sud ainsi que de pays du Sud, n'ont souvent aucune chance. Enfin, les stéréotypes et l'image sexiste des rôles marquent encore aujourd'hui de nombreux entretiens de naturalisation.

Un exemple tiré de la pratique

Madame G, qui élève seule ses enfants, a dû entre-temps abandonner son activité professionnelle pour pouvoir soigner et s'occuper de manière appropriée de son fils atteint d'une maladie chronique depuis sa naissance. Elle a ainsi été contrainte de recourir aux prestations de l'aide sociale. Jusqu'alors, elle avait toujours exercé une activité professionnelle et était financièrement indépendante. La demande de naturalisation de Madame G a été rejetée au motif qu'elle avait bénéficié de l'aide sociale sans avoir remboursé les prestations qu'elle avait reçues jusqu'alors. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours de cette femme.

Comités locaux
Nos comités locaux récoltent déjà activement des signatures - également lors de la grève féministe. Tu veux toi aussi participer ? Trouve un comité local près de chez toi.

Vers nos comités locaux

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Actualités
Tu trouveras désormais sur notre site Internet tous les discours prononcés lors de la conférence de presse organisée à l'occasion du lancement de notre initiative populaire.

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Nous vous saluons cordialement,

Le comité d'initiative et le conseil d'administration d'Aktion Vierviertel

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LANCEMENT DE L'INITIATIVE POUR LA DÉMOCRATIE : POUR UN DROIT DE CITÉ MODERNE

Action Quatre Quarts
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Heute hat die zivilgesellschaftliche Allianz Aktion Vierviertel in Bern die Volksinitiative «Für ein modernes Bürgerrecht (Demokratie-Initiative)» lanciert. Die Initiative fordert einen Paradigmenwechsel im Schweizer Bürgerrecht

Aujourd'hui, l'alliance de la société civile Action des quatre quartiers a lancé à Berne l'initiative populaire "Pour un droit de cité moderne (initiative pour la démocratie)". L'initiative demande un changement de paradigme dans le droit de la nationalité suisse : quiconque vit ici de manière durable et remplit des critères objectifs et définitifs doit avoir un droit à la naturalisation. La procédure de naturalisation doit être simplifiée et il doit être mis fin à l'arbitraire qui prévaut souvent aujourd'hui. La démocratie sera ainsi développée - pour tous ceux qui sont ici chez eux. La collecte des signatures débute aujourd'hui.  

La Suisse exclut environ un quart de sa population de la citoyenneté et donc de la démocratie. C'est ce que veut changer "l'initiative pour la démocratie" : Quiconque vit légalement en Suisse depuis cinq ans, n'a pas commis de délit grave, ne met pas en danger la sécurité intérieure et extérieure de la Suisse et dispose de connaissances de base d'une langue nationale, doit avoir droit à la naturalisation. Tel est le texte de l'initiative populaire "Pour un droit de cité moderne", lancée aujourd'hui à Berne.  

L'initiative populaire est portée par l'alliance de la société civile Aktion Vierviertel. De nombreux comités locaux ont déjà vu le jour dans toute la Suisse au cours des dernières semaines et des derniers mois. En outre, l'initiative est soutenue par le PS, les Verts, l'Opération Libero, la Fondation pour la démocratie directe, Campax et d'autres organisations. Outre des personnalités politiques et de la société civile, des noms connus du monde de la culture font partie du comité d'initiative, comme l'écrivaine Melinda Nadj Abonji, l'entrepreneuse Sylvie Makela, le cinéaste Samir et les musiciens Tommy Vercetti et Ta'Shan.  

Sur les huit millions d'habitants que compte la Suisse, un quart n'a pas de passeport suisse - parmi eux, de nombreux secondas et secondos nés ici. En comparaison européenne, la Suisse reste l'un des pays où il est le plus difficile de se faire naturaliser. Alors que la diversité fait depuis longtemps partie du quotidien, les chances et les droits sont inégalement répartis - au niveau politique, économique, social et culturel. Cela porte un grand préjudice à la démocratie.  

La voie vers une participation à part entière est la naturalisation : le droit de participer aux élections et aux votations, le droit à un séjour sûr et le droit d'être reconnu comme un membre à part entière de la communauté. Personne ne doit "mériter" la citoyenneté en s'adaptant et personne ne doit plus être confronté à des questions douteuses. Les exigences uniformes doivent mettre fin à l'arbitraire qui prévaut souvent. L'avenir de notre démocratie doit être façonné par toutes les personnes qui y vivent. 

Arber Bullakaj und Nadra Mao,membres du comité directeur de l'Action des quatre quartiers, ont expliqué les motivations de l'initiative populaire lors de la conférence de presse d'aujourd'hui. "50 ans après Schwarzenbach et 30 ans avec Blocher, le temps est venu pour un nouveau projet de société courageux, pour une démocratie des quatre quartiers", a déclaré Bullakaj. "Ce n'est que lorsque tous les individus de notre démocratie seront libres, égaux en droits et pourront avoir un sentiment d'appartenance que notre démocratie sera digne de son nom". Nadra Mao a souligné que "la démocratie devrait promouvoir la diversité, protéger les libertés individuelles et permettre le progrès de la société". 

Elias Studer de l'association einbürgerungsgeschichten.ch a évoqué les procédures de naturalisation arbitraires et vexatoires dans le canton de Schwyz. Il a également précisé que le problème concernait toute la Suisse. Ce n'est que récemment qu'un motocycle trafiqué a été fatal à une personne dans le canton d'Argovie. Pour Studer, il est donc clair qu'"avec l'initiative pour la démocratie, nous mettons fin à l'arbitraire et au harcèlement dans la procédure de naturalisation". 

Le coprésident d'Opération Libero, Stefan Manser-Eglia souligné qu'il faudrait un mouvement large et puissant pour moderniser le droit de la nationalité en Suisse : "Beaucoup de gens ont le sentiment que c'est leur mérite ou leur destin d'être nés ici et d'avoir la nationalité suisse - et non pas un heureux hasard". Mais la démocratie, c'est justement une personne, un votecela ne doit pas rester un vain mot, selon Manser-Egli.  

La conseillère aux États genevoise Lisa Mazzone a constaté qu'en Suisse, un groupe de population aussi important que la Suisse romande ne peut pas participer aux décisions démocratiques : "Notre démocratie permet ainsi aux trois quarts de la population de décider du sort du quart restant". Dans certains endroits, ce déficit démocratique est encore plus grand, comme à Genève ou à Rorschach, où près de la moitié de la population est exclue, selon Mazzone.  

Ancien conseiller aux États Paul Rechsteiner a constaté, en se référant à la révolution libérale de 1848 et à la lutte pour le droit de vote des femmes plus de cent ans plus tard, que "les progrès en matière de politique démocratique ne sont jamais venus d'eux-mêmes. Même l'ouverture de la citoyenneté à tous ceux qui font partie de la population résidente suisse doit être obtenue de haute lutte". 

Pour plus d'informations, consultez le site web de l'Initiative pour la démocratie :  

https://democratie-initiative.ch/

Personnes de contact pour les demandes des médias :  

Arber Bullakaj, Präsident Aktion Vierviertel  

kontakt@demokratie-volksinitiative.ch   

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Il est temps d’instaurer une démocratie des quatre quarts : initiative populaire pour une citoyenneté moderne

Arber Bullakaj
Inland - Aktion Vierviertel

Action Quatre Quarts a présenté aujourd'hui le texte de l'initiative populaire pour une citoyenneté moderne. Dans ce texte, la large alliance de la société civile revendique un droit à la naturalisation pour toute personne vivant en Suisse depuis cinq ans et remplissant des critères objectifs. L'initiative pour la démocratie doit entraîner un changement de paradigme dans le droit de la nationalité suisse.

La Suisse exclut environ un quart de sa population de la citoyenneté et donc de la démocratie. C'est ce que veut changer l’« initiative populaire pour une citoyenneté moderne (initiative pour la démocratie) » : la Constitution fédérale doit contenir un droit à l’octroi de la nationalité pour toutes les personnes qui vivent légalement en Suisse depuis cinq ans, qui n'ont pas commis de délits graves, qui ne mettent pas en danger la sécurité intérieure et extérieure de la Suisse et qui disposent de connaissances de base d'une langue nationale.

« Il est grand temps d'obtenir un droit de la nationalité qui réponde aux exigences de la démocratie suisse », déclare Arber Bullakaj, président d'Action des quatre quarts. Des élections nationales auront lieu cet automne et personne ou presque ne parle du fait que seuls les trois quarts de la population suisse ont le droit de s'exprimer à cette occasion. Avec son initiative populaire, Action des Quatre Quarts veut mettre ce déficit démocratique sur le tapis politique en cette année électorale. « Une démocratie se mesure à la participation égale et à part entière de ses membres, et la Suisse a aujourd'hui du retard à rattraper », explique Bullakaj. La voie vers cette participation est la citoyenneté : le droit de participer aux élections et aux votations, le droit à un séjour sûr et le droit d'être reconnu-e comme membre à part entière de la communauté.

La Suisse a besoin d'un changement fondamental de paradigme : un droit à la naturalisation pour toutes celles et tous ceux qui vivent ici de manière durable doit remplacer les procédures actuelles, souvent arbitraires et chicanières. « L'égalité des droits est le fondement de toute démocratie moderne et non un privilège que l'on doit mériter en le quémandant », souligne Arber Bullakaj.

Le texte de l'initiative sera déposé à la Chancellerie fédérale dans les semaines à venir. Au printemps, la large alliance de la société civile derrière l'initiative sur les droits civiques se présentera au public et commencera à récolter des signatures. Ainsi, la question de la participation politique devrait également devenir un sujet de discussion pendant l'automne électoral.

Vous trouverez de plus amples informations sur notre site Internet : www.aktionvierviertel.ch/fr

Contacts :

Arber Bullakaj

kontakt@aktionvierviertel.ch

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Initiative populaire pour une citoyenneté moderne (initiative pour la démocratie)

Arber Bullakaj
aktion-blog1-1
Art. 38 Cst. Acquisition et perte de la nationalité et des droits de cité
  1. Inchangé   
  2. Elle édicte des dispositions sur la naturalisation des étrangères et des étrangers. Ont le droit d'obtenir la nationalité sur demande les étrangères et les étrangers qui :
    • résident légalement en Suisse depuis cinq ans ;
    • n'ont pas été condamnés à une peine d'emprisonnement de longue durée ;
    • ne mettent pas en danger la sécurité intérieure et extérieure de la Suisse ; 
    • et ont une connaissance de base d'une langue nationale.
  3. Inchangé   

 

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